Wenn du den Arbeitgeber wechseln möchtest, hast du das Recht auf ein Arbeitszeugnis. Ein Recht auf ein Zwischenzeugnis gibt es zwar nicht. Es ist aber dennoch sinnvoll, in regelmäßigen Abständen darum zu bitten, vor allem, wenn deine Vorgesetzten und der Chef mit dir zufrieden sind. Warum? Das verraten wir dir in diesem Beitrag.
Fordere dein Zwischenzeugnis unabhängig davon an, ob du dich anderswo bewerben möchtest oder nicht. Es sollte ein qualifiziertes Zwischenzeugnis sein. Ein einfaches Zwischenzeugnis enthält lediglich Angaben zu Beginn, Dauer und der Art der Tätigkeit, die du in dem Betrieb innehast. Ein qualifiziertes Zwischenzeugnis beschreibt und bewertet deine Leistung, deine Fachkenntnisse, Soft Skills und vieles mehr.
Dein Chef wird vermutlich hellhörig werden, wenn du ein qualifiziertes Zwischenzeugnis anforderst. Aber du kannst deine Bitte damit begründen, dass deine letzte Beurteilung bereits Jahre zurückliegt und dass dir eine schriftliche Einschätzung deiner Arbeitsleistung wichtig ist. Planst du tatsächlich nicht, das Unternehmen zu verlassen, sage das offen dazu. Betone, dass es dir um eine Zwischenbilanz geht. Damit räumst du mögliche Zweifel an deiner Loyalität aus. Daneben gibt es andere triftige Gründe, die du problemlos ins Feld führen kannst. Andere sind vor allem für dich persönlich wichtig, eignen sich zum Argumentieren allerdings nicht.
10 Gründe, ein Zwischenzeugnis anzufordern
1. Ein Zwischenzeugnis fällt positiv aus
Um ein Zwischenzeugnis solltest du bitten, wenn es im Job wirklich gut für dich läuft. Vielleicht hast du gerade ein Projekt erfolgreich abgewickelt, einen wichtigen Kunden gewonnen oder eine Neuerung angestoßen und umgesetzt? Wenn du voller Elan bist und positives Feedback von deinen Vorgesetzten einheimst, ist die beste Zeit, ein Zwischenzeugnis anzufordern. Es wird positiv ausfallen. Das ist beim Arbeitszeugnis nicht zwingend der Fall. Forderst du dein Endzeugnis an, ist allen klar, dass du einen Jobwechsel anstrebst. Das kann auf Unverständnis und Unmut stoßen. Mit Pech schlägt sich das in deinem Arbeitszeugnis nieder.
2. Weicht das Arbeitszeugnis davon ab, muss das begründet werden
Ein Zwischenzeugnis hat Bindungswirkung. Vielleicht kommst du zurzeit mit deinen Vorgesetzten und deinem Chef sehr gut zurecht. Aber das kann sich ändern. Möglicherweise wechselt dein Vorgesetzter die Stelle. Wer weiß, ob du mit seinem Nachfolger genauso erfolgreich zusammenarbeiten wirst. Es kann zu Auseinandersetzungen und Konflikten kommen. Bittest du in einer angespannten Situation um ein Arbeitszeugnis, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es deinen Kenntnissen und Fähigkeiten nicht gerecht wird.
Mit einem zuvor erhaltenen Zwischenzeugnis kannst du deine Leistungen schwarz auf weiß nachweisen. Du kannst unter Umständen sogar verlangen, dass deine Erfolge in dein Arbeitszeugnis übernommen werden. Der Wortlaut beider Dokumente muss zwar nicht identisch sein. Die Note allerdings schon. Hast du im Zwischenzeugnis ein „Sehr gut“ eingeheimst, kann das nicht ohne Weiteres heruntergestuft werden, selbst wenn dein jetziger Chef mit dir möglicherweise nicht zufrieden ist. Sonst müsste er nachweisen, dass sich deine Arbeitsleistung und dein Einsatz sehr zum Negativem verändert haben. Dazu liegt ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes vor: 9 AZR 248/07.
3. Abteilungswechsel
Bietet sich die Gelegenheit, innerhalb deines Unternehmens auf der Karriereleiter nach oben zu klettern, solltest du sie nutzen. Das ist häufig mit einem Wechsel der Abteilung verbunden. Du steigst in der Hierarchie und wirst künftig ein anderes Aufgabenspektrum wahrnehmen. Mit einem Zwischenzeugnis, das dir vor diesem Wechsel ausgestellt wird, hältst du deine bisherigen beruflichen Errungenschaften fest. Falls dir das neue Aufgabenfeld doch nicht liegt, hast du etwas in der Hand.
4. Jobwechsel
Vielleicht willst du deinen bisherigen Arbeitgeber tatsächlich wechseln. Es erhöht deine Chancen und sorgt für mehr Entspannung bei der Jobsuche, wenn du dich aus ungekündigter Stellung heraus bewirbst. Zu vollständigen Bewerbungsunterlagen gehört dennoch ein Zeugnis. Möglicherweise willst du deinen Noch-Arbeitgeber nicht mit der Nase auf deine Karrierepläne stoßen. Bist du bereits länger für deinen derzeitigen Betrieb tätig, hast du vermutlich nur ältere Arbeitszeugnisse vorliegen. Die helfen dir bei der Jobsuche kaum weiter.
Legst du deinen Bewerbungsunterlagen ein aktuelles Zwischenzeugnis bei, hast du viel bessere Karten. Potentielle neue Arbeitgeber können sich ein gutes Bild von deinen Hard Skills und deinen Soft Skills machen. Ein qualifiziertes Zwischenzeugnis ist vom Aufbau und Inhalt her mit dem Endzeugnis identisch. Was fehlt, sind das Ausstiegsdatum und gute Wünsche für deine weitere berufliche Zukunft. Stattdessen endet das Zwischenzeugnis mit dem Wunsch, dass der Mitarbeiter seine Arbeitskraft dem Unternehmen weiterhin zur Verfügung stellen wird.
Um ein Endzeugnis solltest du zu passender Zeit dennoch bitten. Nicht vergessen: Die Holschuld liegt bei dir. Das heißt, du musst dich selbst darum kümmern. Dein Arbeitgeber wird es dir vermutlich nicht von sich aus überreichen.
5. Pluspunkte bei Gehaltsverhandlungen
Deine letzte Gehaltserhöhung liegt schon länger als zwei Jahre zurück? Dann wird es Zeit für eine Anpassung deines Lohns. Dafür brauchst du handfeste Argumente. Wie du dich in Gehaltsverhandlung bestmöglich verkaufen kannst, erfährst du hier (nutze auch unseren Gehaltsvergleich). Zusätzliche Tipps & Tricks helfen dir dabei, im Gehaltsgespräch eine leistungsgerechte Entlohnung durchzusetzen. Ein positives Zwischenzeugnis kannst du dabei vorlegen, um deine Erfolge anschaulich zu dokumentieren.
6. Respekt deiner Vorgesetzten
Manchmal werden gute Mitarbeiter als selbstverständlich genommen. Sie sind eine entscheidende Stütze des Unternehmens, sorgen für regelmäßige Einnahmen und springen ein, wenn es nötig ist. Leistest du selbst auch mehr, als laut Arbeitsvertrag vereinbart ist? Dein Chef lässt es auch an positivem Feedback fehlen? Gerade das ist ein wesentlicher Motivator und eine Kraftquelle, damit du deinen Arbeitstag schwungvoll hinter dich bringen kannst. Bittest du um ein qualifiziertes Zwischenzeugnis, muss sich dein Chef oder dein Vorgesetzter intensiv mit dir und deinem Wert für das Unternehmen auseinandersetzen. Bei dieser Arbeit wird ihm bewusst, welche wichtige Funktionen du in seinem Betrieb übernimmst. Das kann dich in seiner Gunst steigen lassen, dir mehr Respekt einbringen und dafür sorgen, dass sich das Miteinander auf der Arbeit verbessert.
7. Längere Abwesenheit aufgrund von Schicksalsschlägen
Es kann passieren, dass du längere Zeit ungewollt unverschuldet ausfällst. Eine Krankheit oder ein Unfall machen es dir vielleicht unmöglich, deinen beruflichen Aufgaben nachzukommen. Bitte – sofern du kannst – unbedingt zeitnah um ein Zwischenzeugnis. Für Schicksalsschläge kannst du nichts. Das heißt, dir werden aller Wahrscheinlichkeit nach Verständnis und Mitgefühl entgegengebracht. Es ist nachvollziehbar, dass du dich um deine berufliche Zukunft und deine Karriere sorgst und ein Zwischenzeugnis in Händen haben möchtest.
8. Betriebliche Maßnahmen
Vielleicht schickt dich deine Firma zu ganztägigen, längerfristigen Weiterbildungen. In dem Fall wirst du vermutlich in erster Linie theoretisches Wissen erwerben, auffrischen oder trainieren. Von der Praxis bist du vorübergehend abgeschnitten. Ein Zwischenzeugnis sorgt dafür, dass hinterher deine Leistungen nicht in Vergessenheit geraten. Als Zugangsvoraussetzung zu bestimmten Fortbildungen kann ein Zwischenzeugnis sogar vorgeschrieben sein.
Ebenso denkbar ist ein Auslandseinsatz. In dem Fall solltest du vor deinem Weggang auf ein qualifiziertes Zwischenzeugnis bestehen und auch bei der Filiale in dem anderen Land um ein ebensolches bitten. Du brauchst es zur Dokumentation deiner Arbeit.
9. Persönliche Pläne
Aus privaten Gründen kann das Erbitten eines Zwischenzeugnisses ebenfalls sinnvoll sein, beispielsweise, falls du dich für ein Kind entscheidest. Eine Familienphase bedeutet häufig, dass die Berufstätigkeit vorübergehend ausgesetzt wird. Ob sich Vorgesetzte und Chefs noch an dich und deine Leistungen erinnern, wenn du nach der Elternzeit in den Betrieb zurückkehrst, ist fraglich. Falls dort dann überhaupt noch dieselben Personen tätig sind. Ebenso möglich ist, dass du in einer ganz anderen Abteilung einsteigst oder mit neuen Aufgaben betraut wirst. Nachvollziehbar, dass du in diesem Fall etwas Konkretes über deine Leistungen in der Vergangenheit in der Hand haben möchtest.
Möglicherweise möchtest du ein politisches Mandat übernehmen oder planst ein Sabbatical. Auch das sind Situationen, in denen der Wunsch nach einem Zwischenzeugnis berechtigt ist.
10. Firmenübernahme oder Firmeninsolvenz
Droht deiner Firma eine Übernahme oder die Firmeninsolvenz, bitte so schnell es geht um ein Zwischenzeugnis. Gleiches gilt für den Fall, dass deine Stelle von Rationalisierung oder Outsourcing bedroht ist. Bei Sorge um den Bestand deines Arbeitsplatzes ist die Anforderung eines Zwischenzeugnisses mehr als nachvollziehbar.
Wichtige Tipps zur Anforderung deines Zwischenzeugnisses
- Der Arbeitgeber hat keine Bringschuld: Du musst dich selbst um den Erhalt eines qualifizierten Zwischenzeugnisses kümmern.
- Fordere das Zwischenzeugnis schriftlich an. Dann handelt es sich um einen dokumentierten Vorgang.
- Alle drei Jahre kannst du um ein qualifiziertes Zwischenzeugnis bitten. Je öfter das im Laufe deiner Berufstätigkeit für denselben Betrieb vorkommt, desto weniger wird in deine Anfrage hineininterpretiert.
- Deine Bitte kann bei deinem Chef für Überforderung sorgen. Oft weiß man „oben“ nicht oder nicht umfassend, welches Aufgabenspektrum du hast. Du kannst den Tätigkeitsblock für dein Zwischenzeugnis selbst erarbeiten und deinem Chef einreichen. So kannst du sicher sein, dass nichts vergessen wird.
- In kleineren Betrieben, die noch nicht lange bestehen, bist du vielleicht sogar der erste Mitarbeiter, der danach fragt.
- Es ist möglich, dass du dein Zwischenzeugnis komplett selbst verfasst und deinem Chef deinen Entwurf zur Unterschrift vorlegst. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass du es einfach unterschrieben zurückbekommst. Immerhin hat er dann keine Arbeit damit. Allerdings ist er nicht an dein Manuskript gebunden. Selbstverständlich kann er Anpassungen der Wortwahl und der Note vornehmen oder dir ein komplett eigenes Zwischenzeugnis ausstellen. Solch eine Vorlage kann dennoch eine wertvolle Hilfe darstellen, sowohl für dich als auch für ihn. Du bringst deine Leistung auf den Punkt.
Beschäftige dich mit den gängigen Zeugnis-Floskeln. Spätestes nach Erhalt deines qualifizierten Zwischenzeugnisses musst du es sehr sorgfältig durchgehen. Die Bewertung, die du akzeptierst, ist auch für dein endgültiges Arbeitszeugnis maßgeblich. Bist du unsicher, lass dein Zwischenzeugnis von einem Profi prüfen.
Typische Bestandteile eines qualifizierten Zwischenzeugnisses
Dein qualifiziertes Zwischenzeugnis ist mit dem Aufbau eines Arbeitszeugnisses weitgehend identisch. Folgende Komponenten sollten enthalten sein:
- Die Überschrift „Zwischenzeugnis“
- Deine Personalien (Name, Geburtsdatum, Wohnort)
- Beginn des Beschäftigungsverhältnisses und die genaue Stellenbezeichnung
- Deine Funktion und dein Aufgabenspektrum innerhalb des Betriebes
- Deine fachlichen Qualifikation und deine Soft Skills (z.B. Teamfähigkeit, Kreativität, Kommunikationsgeschick, Führungsqualitäten)
- Deine erbrachten Leistungen und erreichten Erfolge
- Die Beurteilung deines Verhaltens gegenüber Kunden, Kollegen, Vorgesetzten und deinem Chef
- Grund für die Ausstellung deines Zwischenzeugnisses
- Der Wunsch nach einer weiteren Zusammenarbeit
Den Schritt wagen und das Zwischenzeugnis anfordern
Du siehst, es gibt mindestens 10 triftige Gründe, aus denen du ein Zwischenzeugnis anfordern solltest. Es ist Zwischenbilanz, dokumentiert deine Leistung im Falle von Abteilungswechseln, hilft dir bei Gehaltsverhandlungen, verbessert das Arbeitsklima und sorgt dafür, dass du mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt hast, wenn du einen Jobwechsel anstrebst. Achte darauf, spätestens alle drei Jahre schriftlich um die Ausstellung zu bitten. Du weißt nie, ob du es in Zukunft brauchen wirst.
- manager magazin: Drum prüfe, wer sich benoten lasse https://www.manager-magazin.de/unternehmen/karriere/a-326097.html (abgerufen am 8. Juli 2020)
- SPIEGEL Job & Karriere: Holen Sie sich ein Zwischenzeugnis – ohne dass der Chef Verdacht schöpft https://www.spiegel.de/karriere/zwischenzeugnis-ohne-dass-der-chef-verdacht-schoepft-a-1199922.html (abgerufen am 8. Juli 2020)
- impulse.de: Wann Arbeitgeber ein Zwischenzeugnis ausstellen müssen https://www.impulse.de/recht-steuern/rechtsratgeber/zwischenzeugnis/7407051.html (abgerufen am 8. Juli 2020)
Patrick hat 2014 Mein-wahres-Ich.de gegründet und schreibt seitdem aktiv über Karriere- und Finanzthemen. Er entwickelte außerdem den komplexen Berufstest und den IQ-Test.