Rückfragen im Bewerbungsgespräch sind ein heikles Thema. Einerseits haben sie zwar das Zeug dazu, einen eher mittelmäßigen Eindruck, den der Bewerber zuvor vermittelte, deutlich zu verbessern. Andererseits kann sich ein Bewerber mit einer schlecht gewählten Rückfrage aber auch endgültig alle Chancen verbauen. Keine Rückfrage zu stellen, ist jedoch auch nicht empfehlenswert.
Mit welchen Rückfragen ihr Personaler im Bewerbungsgespräch beeindrucken könnt, das verraten wir euch in diesem Artikel.
Weshalb man niemals keine Rückfrage stellen sollte
Vielen Bewerbern graut es besonders vor dem letzten Segment eines Vorstellungsgesprächs, wenn der Personaler sich nach potenziellen Rückfragen erkundigt. Dabei sollte man diese Gelegenheit als Chance betrachten – und sie nicht fürchten. Denn: Mit den richtigen Rückfragen untermauert man das Interesse an dem Job und bleibt dem Personalentscheider positiv in Erinnerung. Abgesehen davon hat man durch gut gewählte Rückfragen die Möglichkeit, an zusätzliche Informationen zu gelangen und sich dadurch endgültig Klarheit zu verschaffen, ob der Job tatsächlich zu einem passt oder ob man womöglich besser andere Optionen in Betracht ziehen sollte.
So weit, so gut. Die Krux bei der Sache ist aber, dass bei weitem nicht jede Frage als Rückfrage geeignet ist. Fragen, deren Antworten eigentlich bekannt sein müssten, weil entweder bereits darüber gesprochen wurde oder die Antworten im Vorfeld leicht zu recherchieren gewesen wären, werfen kein gutes Bild auf den Bewerber. Wäre es da nicht schlauer, an dieser Stelle einfach nach dem Motto zu verfahren: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold? Wäre es nicht besser, keine Frage zu stellen als eine „schlechte“?
Die Antwort lautet ganz klar: Nein! Auf den obligatorischen Satz „Haben Sie noch eine Frage?“ sollte man wirklich niemals ein „Nein“ entgegnen. Denn: Stellt man keine Frage, könnte man das dem Bewerber als mangelndes Interesse auslegen. Und das war es dann mit dem Job.
Keine Rückfragen zu stellen, ist somit keine Option!
Zusammenfassung: Deshalb sollte man IMMER Rückfragen stellen:
Durch (gut gewählte) Rückfragen…
- signalisiert man dem potenziellen neuen Arbeitgeber echtes Interesse an der Stelle und untermauert die Ernsthaftigkeit der Bewerbung
- beweist man Eigeninitiative und Selbstbewusstsein und eine professionelle Einstellung
- stellt man die eigenen Kommunikationsfähigkeiten unter Beweis und unterstreicht die eigene Intelligenz
- zeigt man, dass man sich mit dem Unternehmen eingehend beschäftigt hat und gründlich vorbereitet ist
- beweist man Engagement und Motivation
- vermittelt man, dass man seine Karriere bewusst plant und sich nicht einfach nur „irgendwo“ bewirbt
- bringt man Informationen in Erfahrung, die einem eine bessere Entscheidung für oder gegen die Stelle ermöglichen
Eine gute Vorbereitung ist die halbe Miete
Bevor wir zu den besonders guten Rückfragen kommen, möchten wir euch noch ein paar grundlegende Dinge mit auf den Weg geben. Um überhaupt in der Lage zu sein, gute Rückfragen zu stellen, ist es unerlässlich im Vorfeld ein wenig Recherche über das Unternehmen, bei dem man sich bewirbt, zu betreiben. Die Webseite des Unternehmens sollte hierbei im Mittelpunkt stehen. Sie liefert in der Regel die wesentlichen Informationen, die ein Bewerber kennen sollte. Fragen nach Fakten, die man ganz leicht auch der Webseite hätte entnehmen können, gilt es also unbedingt zu vermeiden.
Es empfiehlt sich außerdem, im Internet nach verfügbaren Presseberichten über den Arbeitgeber zu recherchieren. Je mehr man in Erfahrung bringen kann, desto besser die Ausgangsposition für das Bewerbungsgespräch – und desto leichter fällt es, gute Rückfragen zu formulieren.
Und last but not least gilt es natürlich auch alle Informationen aus der Stellenanzeige parat zu haben. Rückfragen, deren Antworten sich eigentlich der Stellenanzeige entnehmen ließen, sprechen nicht gerade für eine gute Vorbereitung des Bewerbers. Es versteht sich von selbst, dass solche Fragen bei den Personalern daher nicht gut ankommen.
Tipp: 4 bis 6 gute Fragen überlegen
Hat man genügend Informationen gesammelt, gilt es nun sich vier bis sechs gute Fragen zu überlegen, die man stellen könnte, wenn der Moment der Rückfragen gekommen ist. Weshalb so viele? Nun, natürlich wird man nicht alle Fragen stellen können. In der Regel sind zwei bis maximal drei Fragen allein schon aus zeitlichen Gründen genug. Außerdem sollte das Bewerbungsgespräch an dieser Stelle nicht zum Verhör mutieren. Aber: Die Wahrscheinlichkeit, dass einige der vorbereiteten Punkte während des Gesprächs automatisch zur Sprache kommen, die Fragen also bereits geklärt sind, ist hoch. Genau deshalb sollte jeder Bewerber eben auch mehrere Fragen in Reserve haben.
Damit man nicht doch Gefahr läuft, eine Frage zu einem Thema zu stellen, über das bereits gesprochen wurde, gilt es in einem Vorstellungsgespräch natürlich immer gut zuzuhören! Es empfiehlt sich sogar, ggf. Notizen zu machen. Denn: Wer sich während des Vorstellungsgesprächs wichtige Punkte notiert und anschließend Detailfragen zu seinem künftigen Einsatzgebiet stellt, wirkt durchaus professionell.
Zusammenfassung:
Um gut auf das Bewerbungsgespräch vorbereitet zu sein und nicht ins Stottern zu geraten, wenn der Personaler sich nach Rückfragen erkundigt, sollte man sich im Vorfeld ein paar Fragen überlegen. Folgende Möglichkeiten bieten sich hierzu an:
- Die Stellenanzeige aufmerksam durchlesen; sie bietet Anknüpfungspunkte für sinnvolle Fragen
- Die Unternehmensbeschreibung analysieren; auch dort lassen sich mögliche Ansatzpunkte finden
- Im Vorfeld überlegen, wie man gerne arbeiten möchte; z.B. Führungsprinzipien der Vorgesetzten, Verantwortungsbereich, Aufgabenfeld etc. Auch diese Punkte lassen sich bestens als Fragen verpacken
Mit welchen Rückfragen man Personaler beeindruckt
Zunächst einmal ist es wichtig, dass die Rückfragen zu der eigenen Qualifikation passen. Soll heißen: Einem Praktikanten gestehen Personaler natürlich simplere Fragen zu als einem höher qualifizierten Bewerber. Denn proportional zur Qualifikation eines Bewerbers steigt auch die Erwartung des Personalers. Daher haben wir die Rückfragen, mit denen man Personaler beeindrucken kann, in drei unterschiedliche Kategorien eingeteilt.
1. Mit diesen Rückfragen beeindrucken Praktikanten und Auszubildende den Personaler
Sowohl im Praktikum als auch in der Ausbildung steht vor allem die Praxiserfahrung im Vordergrund. Bei möglichen Rückfragen sollte daher die Motivation zu lernen an erster Stelle stehen. Folgende Fragen bieten sich hierzu an:
- Was muss der perfekte Praktikant / Auszubildende mitbringen, der sich in Ihrem Unternehmen bewirbt?
- Wie erfolgt meine Einarbeitung?
- Welche Unternehmensbereiche lerne ich während meines Praktikums / meiner Ausbildung kennen?
- Wie oft finden Feedbackgespräche statt?
- Wie kann ich mich optimal auf den Praktikumsbeginn / den Berufseinstieg bei Ihnen vorbereiten?
2. Mit diesen Rückfragen beeindrucken qualifizierte Bewerber den Personaler
Höher qualifizierte Bewerber sollten bei ihren Rückfragen mehr ins Detail gehen. Vor allem sollten die Rückfragen direkt mit dem künftigen Arbeitsplatz und der künftigen Tätigkeit innerhalb des Betriebs zu tun haben. Es gilt also, möglichst konkret zu werden. Folgende Fragen bieten sich hierzu an:
- Was muss der perfekte Bewerber mitbringen, der sich in Ihrem Unternehmen bewirbt?
- Welche Persönlichkeit wünschen Sie sich vom künftigen Mitarbeiter an Ihrer Seite?
- Wie sieht ein typischer Arbeitstag in Ihrem Unternehmen aus?
- Warum ist die Stelle vakant?
- Was muss ein Kandidat (aus Ihrer Sicht) mitbringen, um in dieser Position erfolgreich zu sein?
- Mit welchen Herausforderungen muss ich in den ersten Wochen und Monaten rechnen?
- An welchen Dingen würden Sie meinen Arbeitserfolg der ersten 90 Tage messen?
- Welche beruflichen Entwicklungsperspektiven oder Aufstiegsmöglichkeiten habe ich bei Ihnen?
3. Mit diesen Rückfragen beeindrucken Führungskräfte den Personaler
Der Verantwortungsbereich einer Führungskraft ist groß. Personaler erwarten von einem Bewerber, der eine Führungsposition anstrebt, daher auch ein besonders hohes Maß an Kommunikationsgeschick und Zielgerichtetheit sowie ein selbstsicheres Auftreten und eine starke Persönlichkeit. Wer sich auf eine Führungsposition bewirbt, darf daher ruhig kritischere und direktere Rückfragen stellen. Allerdings sollte man dabei – das versteht sich eigentlich von selbst – dennoch immer freundlich und höflich bleiben. Folgende Fragen und Formulierungen bieten sich an:
- Wie lange hat mein Vorgänger auf dieser Position gearbeitet?
- Wie würden Sie den Führungsstil des Vorgängers beschreiben?
- Sollte der Führungsstil beibehalten oder verändert werden? Falls ja: wie?
- Wie würden Sie die Stimmung im Team und im Unternehmen beschreiben?
- Welches Budget steht zur Umsetzung von X zur Verfügung?
- Welche großen Herausforderungen sehen Sie zukünftig auf Ihr Unternehmen zukommen?
- Wann halten Sie einen Mitarbeiter für gut, wann für herausragend?
- Wenn Sie sich an Mitarbeiter erinnern, die Sie schon eingestellt haben: Was unterschied die Guten von den Besten?
- Welche Benefits bieten Sie Mitarbeitern?
- Was können Sie mir über mein zukünftiges Team erzählen?
- Wie groß ist das Team?
- Wie setzt es sich zusammen (Alter, Betriebszugehörigkeit, …)?
- Was müsste ich tun, um Ihnen die Entscheidung für mich zu erleichtern?
- Haben Sie noch irgendwelche Zweifel an meiner Eignung für diese Position über die wir reden sollten?
Extra-Tipp für Führungskräfte:
Als Bewerber auf eine Führungsposition darf man, wie bereits erwähnt, auch kritischere Fragen stellen. Eine zwar eher gewagte, aber äußerst aufschlussreiche Rückfrage im Bewerbungsgespräch lautet:
- Warum arbeiten Sie eigentlich in diesem Unternehmen?
Im Idealfall verrät die Antwort des Personalers einiges über das Betriebsklima und die Mitarbeiterzufriedenheit (zumindest über die Zufriedenheit des Personalverantwortlichen). Dadurch hat man die Möglichkeit ein paar sehr persönliche Einblicke in das Unternehmen zu erhalten. Im Grunde erfüllt diese Rückfrage also alle Kriterien, die eine Rückfrage erfüllen sollte – nämlich zwischen den Zeilen mehr herauszuhören, als der Personaler vielleicht preisgeben möchte. Aber: Diese Frage sollte wirklich nur zum Einsatz kommen, wenn das Gespräch bis dato richtig gut verlaufen ist und der Personaler eher locker ist. Ansonsten sollte man sich diese Frage – so gut und informativ sie auch sein mag – besser verkneifen.
Übrigens:
Eine gute Möglichkeit, das Interesse an der ausgeschriebenen Stelle zu untermauern, ist auch die konkrete Frage nach dem Arbeitsplatz. Zum Beispiel:
- Wäre es möglich, meinen potenziellen künftigen Arbeitsplatz zu besichtigen?
- Darf ich mich eventuell mit anderen Angestellten unterhalten?
Fazit
Die Gelegenheit Rückfragen zu stellen, sollte man nicht fürchten, sondern als echte Chance betrachten. Denn: Genau jetzt könnte das bislang recht einseitige Vorstellungsgespräch durch gut gewählte Fragen zu einem interessanten und informativen Austausch werden. Abgesehen davon hat man durch clever gewählte Rückfragen nun auch als Bewerber die Möglichkeit zu prüfen, ob die Stelle, die Unternehmenskultur, die Arbeitsweise etc. überhaupt zu einem passen. Und diese Gelegenheit sollte man unbedingt nutzen. Also: Wer (richtig) fragt, punktet auf ganzer Linie!
- manager magazin: So überzeugen Sie im Vorstellungsgespräch https://www.manager-magazin.de/unternehmen/karriere/vorstellungsgespraech-die-acht-besten-tipps-vom-profi-a-1265010.html (abgerufen am 19. Juni 2020)
- stern.de: Mit diesen Fragen punkten Sie beim Bewerbungsgespräch https://www.stern.de/wirtschaft/job/tipps-fuer-die-jobsuche–diese-fragen-sollten-sie-im-bewerbungsgespraech-stellen-6869862.html (abgerufen am 19. Juni 2020)
- Merkur.de: Mit diesen zwölf Fragen beeindrucken Sie jeden Personaler https://www.merkur.de/leben/karriere/fragen-vorstellungsgespraech-bewerber-beeindrucken-zr-9138878.html (abgerufen am 19. Juni 2020)
- Westdeutsche Zeitung: Im Bewerbungsgespräch richtig nachfragen https://www.wz.de/ratgeber/beruf-und-bildung/im-bewerbungsgespraech-richtig-nachfragen_aid-25318133 (abgerufen am 19. Juni 2020)
Unsere Autorin Patricia Schlösser-Christ studierte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und arbeitete anschließend an der Volkshochschule Worms. Als Kulturanthropologin M.A. widmet sie sich seither dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung / Weiterbildung und hat dabei auch die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt stets im Blick.