2017 wurde beinahe jeder zweite Arbeitnehmer (44,6 %) wenigstens einmal krankgeschrieben. Die durchschnittliche Fehlzeit lag bei 12,9 Tagen. Welche Pflichten haben Beschäftigte im Krankheitsfall? Was ist mit einem „gelben Zettel“ erlaubt und was nicht? Darf man einkaufen gehen, Party machen und in Urlaub fahren? Was wenn man trotz Krankschreibung arbeiten möchte? Wir zeigen dir, was du im Falle einer Krankmeldung beachten musst, damit du keine Abmahnung riskierst.
Inhaltsverzeichnis
- Das Wichtigste in Kürze
- Wann du dich beim Arbeitgeber krankmelden musst
- Was gehört in eine schriftliche Krankmeldung?
- Regelungen laut Arbeitsvertrag
- Dem Arbeitgeber die exakte Krankheit mitteilen?
- Wie lange wird der Lohn bei Krankheit weiterbezahlt?
- Krankgeschrieben einkaufen gehen?
- Wenn die Krankheit länger dauert
- Wenn du schneller auskuriert bist als gedacht
- Trotz Krankheit auf der Arbeit erscheinen?
- Krankmeldung im Urlaub?
- Wenn deine Krankmeldung nicht akzeptiert wird
- Krankheit als Kündigungsgrund?
- Kurz und knapp: Richtiges Verhalten bei Krankheit
- Wenn dein Kind krank ist
Wann du dich beim Arbeitgeber krankmelden musst
Dich hat eine Grippe erwischt? Bei einer Krankmeldung musst du als Arbeitnehmer zwei Pflichten erfüllen:
Du musst…
- deine Krankheit sofort anzeigen. Das regelt § 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG). Die Krankmeldung kannst du telefonisch, per E-Mail, per Fax, per SMS, per WhatsApp oder persönlich machen. Am besten richtest du sie an deinen Chef oder die Personalabteilung. In der Regel reicht es nicht, nur einen Kollegen zu informieren. (Wenn der vergisst, deine Krankmeldung weiterzuleiten, droht dir die Abmahnung.) Arbeitest du in einem großen Unternehmen? Notiere, wem du wann in der Personalabteilung Bescheid gegeben hast. Auch ein Zeuge kann hilfreich sein. Er kann deine Angaben bestätigen, falls es zu einem Problem kommt. Im Zweifelsfall musst du nachweisen können, dass du dich rechtzeitig krankgemeldet hast und nicht unentschuldigt von der Arbeit ferngeblieben bist. Egal, welchen Weg du nutzt: Stell unbedingt sicher, dass dein Arbeitgeber von deiner Erkrankung erfährt. Es reicht beispielsweise nicht, ein Fax zu schicken, wenn das Faxgerät nicht regelmäßig kontrolliert wird.
- deine Erkrankung nachweisen, wenn sie länger als drei Tage dauert. Dafür reichst du eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU), den sogenannten „gelben Zettel“, bei deinem Arbeitgeber ein. Er sollte spätestens am vierten Tag vorliegen. Maßgeblich sind die Kalendertage, nicht die Arbeitstage. Das heißt im Klartext: Wochenenden und Feiertage zählen mit.
Tipp: Warte mit deiner Krankmeldung nicht, bis du vom Arzt wiederkommst. Ohne Termin musst du mit langen Wartezeiten rechnen. Je eher dein Arbeitgeber über deinen vorübergehenden Ausfall informiert ist, desto eher kann er reagieren.
Was gehört in eine schriftliche Krankmeldung?
Eine schriftliche Krankmeldung braucht weder eine Diagnose noch Details zur Erkrankung zu beinhalten. Es reicht, wenn du schreibst:
„Sehr geehrter Herr Muster,
aufgrund einer Erkrankung kann ich heute nicht zur Arbeit erscheinen. Ich habe einen Arzttermin um XX Uhr. Sobald ich weiß, wie lange ich krankgeschrieben sein werde, melde ich mich.
Mit freundlichen Grüßen“
Regelungen laut Arbeitsvertrag
Teilweise ist im Arbeits- oder Tarifvertrag geregelt, wann deine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung spätestens vorgelegt werden muss. Prüfe das. Prinzipiell darf dein Arbeitgeber sogar ab dem ersten Tag ein ärztliches Attest verlangen. Dafür ist keine spezielle Begründung nötig. Steht ein entsprechender Passus im Arbeitsvertrag, ist dieser gültig. Das wurde durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichtes bestätigt (Aktenzeichen 5 AZR 886/11).
Dem Arbeitgeber die exakte Krankheit mitteilen?
Die diagnostizierte Krankheit ist aus Datenschutzgründen nicht auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vermerkt. In den meisten Fällen bist du nicht dazu verpflichtet, deinem Arbeitgeber Rede und Antwort zu stehen. Du musst deine Krankmeldung in der Regel nicht begründen und keine Einzelheiten offenbaren. Allerdings gibt es Ausnahmen: Leidest du an einer ansteckenden Krankheit, sollte dein Arbeitgeber davon wissen. Möglicherweise hast du Kollegen angesteckt. Schutzmaßnahmen kann er nur ergreifen, wenn er weiß, um welche Krankheit es sich handelt.
Es kann deine Glaubwürdigkeit erhöhen, wenn du die Art deiner Krankheit mitteilst. Manchmal lassen sich durch Offenheit Schwierigkeiten von Anfang an vermeiden.
Wie lange wird der Lohn bei Krankheit weiterbezahlt?
Sechs Wochen beziehungsweise 42 Kalendertage bekommst du bei Krankheit weiterhin deinen gewohnten Lohn. Dafür musst du innerhalb des Unternehmens mindestens vier Wochen am Stück, das heißt, ohne Fehlzeiten, tätig gewesen sein. Anschließend hast du als pflichtversicherter Arbeitnehmer das Recht auf Krankengeld. Die Höhe des Krankengeldes wird in § 47 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geregelt. Das Krankengeld beträgt 70 % des letzten beitragspflichtigen Arbeitsentgelts, maximal aber 90 % des Nettogehalts, einschließlich Sonderzahlungen. Es ist auf einen gesetzlichen Höchstbetrag von 109,38 Euro pro Tag (Wert 2020) begrenzt.
Krankgeschrieben einkaufen gehen?
Viele Arbeitnehmer denken, dass sie das Haus nicht verlassen dürfen, wenn sie krankgeschrieben sind. Das stimmt nicht. Versorgungsgänge sind generell erlaubt. Das heißt, du darfst selbstverständlich einkaufen, Medikamente aus der Apotheke holen oder Arzttermine vereinbaren. Bei anderen Aktivitäten kommt es auf die Art der Erkrankung an. Nicht bei jeder Erkrankung bist du ans Bett gefesselt. Grundsätzlich gilt: Du darfst nichts tun, was deine Genesung verzögert oder verhindert. Wenn du beispielsweise wegen eines gebrochenen Arms oder Beins nicht arbeitsfähig bist, kannst du trotzdem Restaurants besuchen, ins Kino gehen, an einer Geburtstagsfeier teilnehmen oder dich mit Freunden treffen. Bei einer schweren Grippe schließen sich derartige Unternehmungen hingegen von selbst aus. Ein kurzer Spaziergang wiederum ist auch bei Husten, Schnupfen und Heiserkeit möglich.
Wenn die Krankheit länger dauert
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist für einen gewissen Zeitraum gültig. Deine Krankheit zieht sich länger hin? Dann musst du das ursprüngliche Attest verlängern lassen. Das kannst du erst am letzten Tag der Gültigkeit der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Angriff nehmen. An diesem Tag musst du deinen Arbeitgeber darüber informieren, dass du noch nicht wieder gesund bist, und dir anschließend bei deinem behandelnden Arzt eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (Folgebescheinigung) ausstellen lassen, die du bei deinem Arbeitgeber einreichst. Die Krankheitsphase muss lückenlos nachgewiesen werden.
Wenn du schneller auskuriert bist als gedacht
Den umgekehrten Fall gibt es auch: Vielleicht hat dein Arzt dich vorsorglich etwas länger krankgeschrieben, als letztendlich nötig ist. Oder du hast ein schlechtes Gewissen, weil deine Kollegen vor einem Riesenberg Arbeit sitzen. Fühlst du dich wieder fit, darfst du trotz Krankschreibung zur Arbeit geben. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass dann die Haftpflicht- und die Unfallversicherung nicht in der Pflicht sind, falls etwas passiert. Das ist ein Irrglaube. Eine Krankschreibung stellt kein Arbeitsverbot dar. Dementsprechend bis du weiterhin versichert. Das gilt sowohl für den Fall, dass du dich zum Beispiel beim Bedienen einer Maschine verletzt, als auch für den Fall, dass durch deine Schuld beispielsweise Firmeneigentum beschädigt wird. Dass Angestellte, die trotz Krankschreibung arbeiten, sowohl kranken- als auch unfallversichert sind, regelt das Soziale Gesetzbuch. Als Arbeitnehmer musst du jedoch der Personalabteilung oder der direkten Führungskraft Bescheid geben, dass du trotz Krankschreibung wieder arbeiten möchtest, damit dein Arbeitgeber seiner Pflicht nachkommen kann, dies der Krankenkasse zu melden.
Merkst du während der Arbeit, dass du dich überschätzt hast? Den Tag hältst du doch nicht durch? Kein Problem: Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gilt weiterhin. Du kannst dich bei deinem Vorgesetzten oder Chef abmelden und die verbleibenden Tage aufbrauchen, um dich auszukurieren.
Trotz Krankheit auf der Arbeit erscheinen?
Gehörst du auch zu den Menschen, die sich krank zur Arbeit schleppen? Manche Arbeitnehmer gehen gar nicht erst zum Arzt. Sie pumpen sich mit frei verkäuflichen Medikamenten voll und treten trotz Erkältung, Migräne oder Unwohlsein ihren Dienst an. Meistens steckt Angst um den Arbeitsplatz dahinter. Oder Pflichtgefühl. Wenn eine Person ausfällt, müssen die Kollegin häufig die anfallende Arbeit mit erledigen. Das wollen viele ihrem Team nicht zumuten. Fachleute nennen die Anwesenheit auf der Arbeit bei Krankheit „Präsentismus“. Allerdings tust du damit weder dir selbst noch deinem Chef und dem Betrieb einen Gefallen. Zum einen bist du bei Krankheit geistig und körperlich nicht voll einsatzbereit. Deine Leistung bleibt also hinter deiner gewohnten Performance zurück. Zum anderen passieren schneller Fehler. Eine dänische Studie zeigt, dass die Langzeitauswirkungen noch verheerender sind: Wer sich über sechs Mal im Jahr krank zur Arbeit schleppt, hat ein 74 % höheres Risiko, später wegen Arbeitsunfähigkeit mehr als zwei Monate auszufallen.
Krankmeldung im Urlaub?
Der Urlaub ist zum Erholen da. Wenn du ausgerechnet auf Reisen erkrankst, ist ebenfalls eine Krankmeldung möglich. Informiere deinen Arbeitgeber sofort. Außerdem musst du am ersten Krankheitstag zum Arzt gehen und dir ein ärztliches Attest ausstellen lassen. Maßgeblich dabei ist, dass der ausländische Arzt deine Arbeitsunfähigkeit bescheinigt. Es reicht nicht, wenn er lediglich deine Krankheit dokumentiert. Nur mit einer AU werden dir die Urlaubstage nicht als solche angerechnet. Das heißt, du kannst sie laut Paragraf 9 Bundesurlaubsgesetz später nachholen.
Wenn deine Krankmeldung nicht akzeptiert wird
Möglicherweise zweifelt dein Arbeitgeber deine Krankheit an. Das muss er schlüssig begründen und entsprechende Beweise vorlegen. Liegen berechtigte Zweifel vor, hat dein Arbeitgeber das Recht, den medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) einzuschalten und dich untersuchen zu lassen.
Manche Arbeitnehmer kommen auf die Idee, sich krank zu melden und anderswo schwarz arbeiten zu gehen. Andere bleiben zu Hause, um kranke Angehörige zu versorgen, zu relaxen oder ihr Haus zu renovieren. Keine gute Idee. Kommt heraus, dass du tatsächlich eine Arbeitsunfähigkeit vorgetäuscht hast, droht dir die fristlose Kündigung. Den Lohn, den du während dieser Zeit zu Unrecht erhalten hast, musst du aller Wahrscheinlichkeit nach zurückzahlen.
Krankheit als Kündigungsgrund?
Ja, du kannst tatsächlich gekündigt werden, wenn du oft krank bist. Das gilt besonders, wenn du unter einer chronischen Krankheit leidest und die Heilungschancen schlecht stehen. Die Kündigung wegen Krankheit muss jedoch gut begründet sein. Sie fällt unter die personenbezogene Kündigung und kann nur ausgesprochen werden, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund von Krankheit den Arbeitsvertrag künftig nicht mehr erfüllen kann.
Kurz und knapp: Richtiges Verhalten bei Krankheit
- Dem Arbeitgeber sofort mitteilen, wenn du krank bist
- Falls nötig, sofort einen Arzt aufsuchen und eine AU ausstellen lassen
- Spätestens am vierten Krankheitstag die AU beim Arbeitgeber vorlegen
- Bei längerer Krankheit den Arbeitgeber vor Ablauf der AU informieren
- Die AU vom Arzt verlängern lassen
- Keinen Aktivitäten nachgehen, die die Krankheit verschlimmern
Wenn dein Kind krank ist
Möglicherweise bist nicht du selbst erkrankt, sondern dein Kind. Auch das kann dich daran hindern, wie gewohnt deiner Arbeit nachzukommen. Ein alltäglicher Fall: Kindertagesstätte oder Kindergarten rufen an, weil das Kind Fieber hat und abgeholt werden muss. Kann niemand sonst die Betreuung übernehmen, darfst du deinen Arbeitsplatz verlassen und dich um dein Kind kümmern. Dein Arbeitgeber muss allerdings darüber informiert werden.
Gemäß Paragraf 616 BGB verlieren Arbeitnehmer ihren Anspruch auf Lohnfortzahlung nicht, wenn sie „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ der Arbeit fernbleiben. Das ist allerdings sehr schwammig ausgedrückt. In den meisten Fällen wird von fünf Tagen ausgegangen.
Paragraf 45 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) ist eindeutiger. Wenn das Kind jünger als zwölf Jahre oder behindert und auf Hilfe angewiesen ist sowie ein Attest vom Kinderarzt vorliegt, gelten folgende Regelungen:
- Als verheirateter Elternteil hast du pro Kind einen Anspruch auf maximal zehn Kinderkrankentage jährlich. Eltern eines Kindes haben somit pro Person 10 Tage im Jahr, die sie zu Hause bleiben dürfen, um ihr krankes Kind zu versorgen.
- Hast du mehr als zwei Kinder? Dann stehen dir und dem anderen Elternteil maximal jeweils 25 Tage im Jahr zur Verfügung.
- Mit dem Einverständnis des Arbeitgebers können die Kinderkrankentage auch auf einen Elternteil übertragen werden. Beispielsweise kannst du als Mutter deine 10 Versorgungstage an den Kindesvater abgeben. Voraussetzung dafür ist, dass dessen Arbeitgeber seine Zustimmung gibt.
- Bist du Single-Mom oder Single-Dad? Alleinerziehende erhalten 20 Tage pro Kind. Bei mehr als zwei Kindern gilt die Obergrenze von 50 Kinderkrankentagen.
- Bei einer länger andauernden Erkrankung musst du Urlaub nehmen, um die Versorgung deines Kindes sicherzustellen. (Achtung: Du darfst dich nicht einfach krankmelden, wenn du in Wirklichkeit gesund bist.)
- Ist dein Kind unheilbar erkrankt, hast du das Recht auf unbegrenzten Urlaub (unbezahlt).
Gesetzlich versicherte Arbeitnehmer haben Anspruch auf Kinderkrankengeld. Es liegt in der Regel bei 70 % deines Bruttoverdienstes, maximal aber bei 90 % deines Nettoverdienstes. Dein Ansprechpartner dafür ist die Krankenkasse. Dort musst du den Krankenschein einreichen. Bist du privat versichert? Dann hast du keinen Anspruch auf Kinderkrankengeld.
Noch Fragen oder Anregungen zum Thema Krankmeldung? Dann hinterlasse uns gern in Kommentar!
- Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Entgeltfortzahlungsgesetz https://www.bmas.de/DE/Service/Gesetze/entgeltfortzahlungsgesetz.html (abgerufen am 3. Juli 2020)
- Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV): Gesetz über die Zahlung des Arbeitsentgelts an Feiertagen und im Krankheitsfall https://www.gesetze-im-internet.de/entgfg/ (abgerufen am 3. Juli 2020)
- WirtschaftsWoche: Darauf müssen Sie bei der Krankschreibung achten https://www.wiwo.de/erfolg/beruf/10-fragen-zur-krankmeldung-darauf-muessen-sie-bei-der-krankschreibung-achten/25531576.html (abgerufen am 3. Juli 2020)
- FOCUS ONLINE: Krank ohne Attest: Das müssen Arbeitnehmer beachten https://www.focus.de/finanzen/praxistipps/krankmeldung-ab-wann-arbeitnehmer-ein-attest-brauchen_id_7194225.html (abgerufen am 3. Juli 2020)
- BUND VERLAG: Krankmeldung: Kind krank: 7 Fragen zur Freistellung https://www.bund-verlag.de/aktuelles~7-Fragen-zur-Freistellung-bei-Erkrankung-eines-Kindes~ (abgerufen am 3. Juli 2020)
Patrick hat 2014 Mein-wahres-Ich.de gegründet und schreibt seitdem aktiv über Karriere- und Finanzthemen. Er entwickelte außerdem den komplexen Berufstest und den IQ-Test.