Bewerbungsverfahren sind komplexe Vorgänge – oftmals geprägt von Unsicherheiten seitens der Bewerber und der Angst zu versagen. Schließlich sind wohl nur die wenigsten von uns derart souverän, dass sie Bewerbungen quasi im Schlaf meistern. Den meisten Bewerbern geht das Verfassen und Zusammenstellen der Bewerbungsunterlagen leider nicht so leicht von der Hand. Und auch – oder vor allem – die Selbstpräsentation im Vorstellungsgespräch ist für viele Bewerber eine echte Herausforderung.
Ein Bewerbungscoaching verspricht hier gezielte Abhilfe. Daher möchten wir euch im Folgenden einmal über Ablauf, Kosten und Vorteile eines solchen Coachings informieren.
Bewerbungscoaching: Allgemeine Infos
Bewerbungscoaching ist nicht gleich Bewerbungscoaching. Eine allgemeingültige Definition kann hier nicht getroffen werden. Zum einen, da jeder Bewerbungscoach anders an die Sache herangeht. Schließlich gilt es, das Coaching an die Bedürfnisse des jeweiligen Teilnehmers anzupassen. Zum anderen kann auch deshalb keine einheitliche Definition festgelegt werden, da sich Bewerbungscoachings auf unterschiedliche Bereiche beziehen können. So kann es im Bewerbungscoaching z.B. darum gehen, wie man eine Bewerbung aufbaut, wie man Vorstellungsgespräche vorbereitet, welche Bewerbungsstrategie die passende ist etc. Oder es kann inhaltlich auch um ganz grundlegende Dinge gehen, wie z.B. Berufsziele zu erörtern oder bei der Berufsorientierung zu helfen.
Eines haben jedoch alle Bewerbungscoachings gemeinsam – unabhängig davon, mit welcher Thematik sie sich konkret beschäftigen. Ein professionelles Bewerbungscoaching soll dem Coaching-Teilnehmer die Arbeit nicht abnehmen, sondern ihn unterstützen und letztlich darauf vorbereiten, beim nächsten Mal allein in der Lage zu sein, die Bewerbungsphase zu meistern. Bei einem Bewerbungscoaching erhält man also keine vorgefertigten Bewerbungen, sondern der Coach arbeitet gemeinsam mit dem Teilnehmer daran, die eigene, individuelle Bewerbung zu optimieren. Ein Bewerbungscoaching ist somit in der Tat als Coaching zu verstehen, bei dem man mitwirken muss – und nicht als reine Dienstleistung.
Startet man also tatsächlich den Versuch, den Begriff Bewerbungscoaching zu definieren, trifft es wohl die Beschreibung „Hilfe zur Selbsthilfe“ am besten. Selbstreflexion ist hierbei ein großer Teil des Coachings. Als Coaching-Teilnehmer wird einem die Arbeit somit – das sei an dieser Stelle noch einmal klipp und klar gesagt – nicht einfach abgenommen, sondern es wird gemeinsam mit dem Coach auf ein Ziel hingearbeitet.
Ablauf eines Bewerbungscoachings
1. Vorgespräch
Eine gewisse Sympathie sollte zwischen dem Bewerbungscoach und dem Coaching-Teilnehmer natürlich vorhanden sein. Wer lässt sich schließlich gerne etwas von jemandem sagen, der ihm gänzlich unsympathisch ist!? Abgesehen davon gibt der Coaching-Teilnehmer natürlich viele persönliche Dinge von sich preis. Es versteht sich von selbst, dass dabei ein gewisses Grundvertrauen ebenfalls vorhanden sein muss. In der Regel findet daher zunächst ein erstes Vorgespräch statt, das dem Coaching-Teilnehmer die Möglichkeit gibt den Bewerbungscoach zu „beschnuppern“. Schließlich soll man mit dem Coach sehr eng zusammenarbeiten, manchmal auch über einen längeren Zeitraum. Die Chemie muss daher stimmen, Vertrauen muss vorhanden sein.
Im Rahmen dieses Vor- oder Kennenlerngesprächs geht es außerdem darum zu klären, welche Ziele man mit dem Bewerbungscoaching verfolgt. Es wird also kommuniziert, welche Hilfe der Coaching-Teilnehmer konkret vom Bewerbungscoach erwartet. Des Weiteren werden in diesem ersten Vorgespräch auch alle Formalitäten geklärt. Auch das Honorar und die anvisierte Dauer des Bewerbungscoachings werden hierbei besprochen.
Das Vorgespräch dient also summa summarum dem Kennenlernen beider Parteien und der Besprechung der wichtigsten Punkte für eine mögliche Zusammenarbeit. Für den Erfolg eines Coachings ist das Vorgespräch somit unerlässlich. In der Regel ist dieses erste Gespräch kostenlos.
2. Analyse der Ausgangssituation
Sind alle Details geklärt, kann das Coaching beginnen. Zuallererst macht sich der Bewerbungscoach ein Bild von der Ausgangssituation des Bewerbers. Dabei werden u.a. folgende Fragen geklärt:
- Wo steht der Coaching-Teilnehmer aktuell?
- Welchen beruflichen Werdegang kann der Coaching-Teilnehmer vorweisen?
- Welche Fähigkeiten bringt der Coaching-Teilnehmer mit?
- Wo liegen die Stärken des Coaching-Teilnehmers?
- Wo liegen die Schwächen des Coaching-Teilnehmers?
Anhand der Analyse dieser Fragen erstellt der Bewerbungscoach ein umfassendes Profil. Dieses Profil dient als Grundlage für das weitere Vorgehen – unabhängig davon, welche Ziele für das Bewerbungscoaching vorgegeben wurden. Die Analyse der Ist-Situation ist also essentiell, um dem Coaching-Teilnehmer gezielt Hilfe leisten zu können. Durch die Analyse des Ist-Zustands kann der Coach besser verstehen und einschätzen, was im Rahmen des Coachings getan werden muss.
3. Umsetzung der persönlichen Ziele des Bewerbungscoachings
Das weitere Vorgehen orientiert sich an den im Vorgespräch festgelegten individuellen Zielen des jeweiligen Bewerbungscoachings. Folgende Schwerpunkte sind hierbei denkbar:
- Berufsziele definieren
- Grundlagen der Jobsuche besprechen
- Stellenangebote finden
- Bewerbungsunterlagen erstellen
- Bewerbungsunterlagen optimieren
- Fähigkeiten und Stärken analysieren
- Vorstellungsgespräch vorbereiten und üben
Je nach vereinbartem Schwerpunkt erarbeitet der Bewerbungscoach in meist mehreren Sitzungen gemeinsam mit dem Coaching-Teilnehmer eine individuelle Strategie, um die Chancen auf eine erfolgreiche Bewerbung zu optimieren. Ziel eines Bewerbungscoachings ist es also immer, den Coaching-Teilnehmer (oder seine Bewerbungsunterlagen) fit für die Bewerbungsphase zu machen.
Konkret beinhalten die Aufgaben des Coaches hierbei folgendes:
- Neutrales und fundiertes Feedback geben
- Interventionen durchführen
- Übungen zwischen den Terminen festlegen („Hausaufgaben“)
- Selbstreflexion fördern, also „Hilfe zur Selbsthilfe“ geben
4. Abschlusstermin
Der letzte Coaching-Termin dient der Prozessreflexion und der Evaluation des Coachings. Es gilt also, ein Fazit zu ziehen, ggf. noch offene Fragen zu klären und sich ein gegenseitiges Feedback zu geben. In der Regel wird bei diesem Abschlusstermin auch über eine Transferkontrolle gesprochen.
Die Kosten
Die Kosten für ein Bewerbungscoaching lassen sich nicht konkret beziffern. Einen festen, einheitlichen Honorarsatz gibt es ebenso wenig wie tarifliche Bestimmungen. Das Honorar für das Bewerbungscoaching wird somit stets individuell vereinbart.
Viele Coaches haben aber zumindest eine Art Preiskatalog, dem man die groben Kosten entnehmen kann. Je nachdem, auf welche Aspekte der Bewerbung sich das Coaching konzentriert, werden unterschiedliche Summen fällig. Wer sich beispielsweise bei der Erstellung der Bewerbungsunterlagen helfen lässt, zahlt dafür bei vielen Coaches mindestens 100 Euro, in der Regel sogar zwischen 150 und 200 Euro.
Alternativ rechnen viele Bewerbungscoaches auch auf Stundenbasis ab. In diesem Fall wird also ein festes Honorar pro Stunde vereinbart. Im Durchschnitt schlagen solche Coachings durchaus mit Kosten zwischen 100 und 250 Euro pro Stunde zu Buche.
Tipp: Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS)
Wer arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht ist, kann bei der zuständigen Arbeitsagentur um einen Gutschein für ein berufliches Coaching bitten. Stellt die Arbeitsagentur einen AVGS aus, werden die Kosten für das Coaching übernommen. Darüber hinaus können unter Umständen auch weitere Kosten geltend gemacht werden, z.B. für Fahrten, für Kinderbetreuung während der Maßnahme oder für Verpflegung.
Voraussetzung für die Erstellung eines AVGS ist, dass man bei der zuständigen Arbeitsagentur oder dem Jobcenter gemeldet ist. Ein Rechtsanspruch auf den Gutschein besteht allerdings nicht. Es liegt im Ermessen des jeweiligen Mitarbeiters der Arbeitsagentur, ob er den AVGS für ein Coaching ausstellt.
Die Vorteile
Für ein Bewerbungscoaching muss man also zuweilen tief in die Tasche greifen. Aber lohnt sich diese Investition?
Nun, natürlich hängt der Nutzen eines Bewerbungscoachings von vielen Faktoren ab, unter anderem auch von den Qualitäten des Coaches und der tatsächlichen Motivation des Coaching-Teilnehmers. In der Regel ist ein gezieltes Coaching allerdings nie umsonst. Die Chancen auf einen Job lassen sich durch ein professionelles Coaching deutlich verbessern. Und das ist nicht der einzige Vorteil, den ein Bewerbungscoaching bietet.
Die Vorteile eines Bewerbungscoachings im Detail:
1. Man hat bei künftigen Bewerbungen bessere Chancen
Ein professionelles Coaching lässt die Chancen auf einen Job, wie bereits erwähnt, steigen. Denn: Ganz gleich wie gut die Bewerbungsunterlagen bereits sind, es wird immer noch die ein oder andere Stellschraube geben, um sie zu optimieren.
2. Man erhält individuelle Unterstützung
Ein Bewerbungscoach unterstützt einen genau dort, wo Hilfe benötigt wird. So erhält man eine ganz individuelle Unterstützung und Betreuung, kann genau dort ansetzen, wo es „hakt“ und ist in der Lage die individuellen, selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Das Coaching ist quasi maßgeschneidert und setzt genau dort an, wo es nötig ist.
3. Man lernt sich selbst besser kennen
Im Rahmen des Bewerbungscoachings werden auch die Stärken und Schwächen des Coaching-Teilnehmers analysiert. Ein Bewerbungscoaching bietet somit immer die Möglichkeit, sich selbst besser kennenzulernen. Denn: Ein guter Coach wirft auch Fragen auf, denen man allein lieber aus dem Weg gehen würde.
4. Man überwindet Ängste
Durch das Feedback und die professionelle Unterstützung des Bewerbungscoaches erlangt man Selbstsicherheit und überwindet Ängste. Wer mit dem Coach beispielsweise ein Vorstellungsgespräch vorbereitet, ist bestens gerüstet und meist deutlich gelassener und weniger ängstlich als zuvor. Wer ein Bewerbungscoaching absolvierte, ist anschließend also in der Regel bestens auf alle Eventualitäten vorbereitet und wird deutlich souveräner in die kommenden Vorstellungsgespräche gehen.
5. Man tankt Selbstvertrauen
Gerade wenn die Bewerbungsphase bereits lange andauert, sitzt der Frust tief. Selbstzweifel kommen auf und erschweren es zusätzlich, positiv an Bewerbungen heranzugehen. Ein Bewerbungscoaching setzt genau hier an. Es hilft, das eigene Selbstvertrauen wieder aufzubauen, die eigenen Stärken zu erkennen und zuversichtlich in die nächste Runde von Anschreiben und Vorstellungsgesprächen zu gehen. Und wer sich dieser Aufgabe mit dem nötigen Optimismus stellt, strahlt das auch aus. Denn wer Selbstvertrauen hat, wird auch leichter überzeugend auftreten können.
6. Man erhält ein professionelles Feedback
Im Rahmen eines Bewerbungscoachings erhält man ein professionelles Feedback und wertvolle Impulse mit auf den Weg. Nach einem solchen Coaching ist es für die Teilnehmer daher normalerweise kein Problem mehr, die nächsten Bewerbungen allein zu meistern.
Fazit
Die Kosten für ein Bewerbungscoaching sind nicht zu unterschätzen. Klar, dass die Coaching-Teilnehmer daher auch große Erwartungen und viel Hoffnung in ein solches Coaching setzen. Zwar gibt es natürlich keine Garantie, dass das Bewerbungscoaching zum Erfolg führt, dennoch kann sich die Investition definitiv lohnen.
Vor allem dann, wenn man eine Absage nach der anderen kassiert, ist ein Bewerbungscoaching der richtige Weg, die Gründe für die Absagen zu analysieren und an den Schwachstellen der Bewerbung bzw. der Selbstpräsentation zu arbeiten.
- BR – Campus Magazin – ARD-alpha: Du schaffst es – Mut für die Bewerbung! https://www.br.de/fernsehen/ard-alpha/sendungen/campus/motivation-fuer-bewerbung-coaching-unterstuetzung-experte-job-100.html (abgerufen am 19. Juni 2020)
- test.de: Coaching: Wann die Arbeitsagentur den Coach bezahlt https://www.test.de/Coaching-Wann-die-Arbeitsagentur-den-Coach-bezahlt-5182025-0/ (abgerufen am 19. Juni 2020)
- Bundesagentur für Arbeit: Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS) https://www.arbeitsagentur.de/aktivierungs-vermittlungsgutschein-avgs (abgerufen am 19. Juni 2020)
Unsere Autorin Patricia Schlösser-Christ studierte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und arbeitete anschließend an der Volkshochschule Worms. Als Kulturanthropologin M.A. widmet sie sich seither dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung / Weiterbildung und hat dabei auch die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt stets im Blick.