Jeder vierte Angestellte in Deutschland geht unmotiviert zur Arbeit. Das zeigt eine globale Studie zur Mitarbeiterzufriedenheit. Woran es hierzulande hakt, was andere Länder besser machen und wie sich diese Unmotiviertheit auf die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens auswirkt, das verraten wir euch in diesem Artikel.
Die Studie: Hintergründe und Ergebnisse
Bereits seit 2015 untersucht das dänische Unternehmen Peakon weltweit im Auftrag von Firmen die Zufriedenheit von Mitarbeitern. Eine zentrale Rolle bei der Untersuchung der Zufriedenheit spielt der sogenannte „Employee Net Promoter Score“ (kurz eNPS).
Der eNPS basiert auf folgender Frage: „Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Ihren Arbeitgeber weiterempfehlen?“. Aus den Mitarbeiterantworten auf diese zentrale eNPS-Frage leitet Peakon ab, wie zufrieden und motiviert die Arbeitnehmer des jeweiligen Unternehmens sind. Auch die aktuelle Studie basiert u.a. auf der Auswertung der Frage nach der Weiterempfehlung des Arbeitgebers.
Die Studie:
Für die aktuelle Studie zur Mitarbeiterzufriedenheit („Employee Expectations Report“) wertete das auf Mitarbeiterbefragungen spezialisierte Unternehmen rund 80 Millionen Mitarbeiterantworten rund um das Thema Motivation aus und schlüsselte die Antworten nach Ländern, Branchen und Alter der Mitarbeiter auf. Rund 412.000 dieser Mitarbeiterantworten stammten aus Deutschland. Darüber hinaus wertete Peakon Datenpunkte aus Dänemark, Großbritannien, Australien, Neuseeland und den USA aus. Die befragten Mitarbeiter arbeiteten in neun verschiedenen Branchen und waren zwischen 25 und 65 Jahre alt.
Des Weiteren flossen in die Studie rund 14 Millionen Mitarbeiterkommentare ein. Diese Mitarbeiterkommentare entnahm Peakon standardisierten Fragebögen, die bei quartalsweise wiederholten Umfragen in verschiedenen Unternehmen verwendet wurden. Auch diese Daten stammten von Firmen weltweit.
Die Ergebnisse:
Laut Studie ist hierzulande fast jeder vierte Angestellte (23 Prozent) bei der Arbeit unmotiviert. Hochgerechnet sind das über 10 Millionen Beschäftigte. Ähnlich lustlos wie die Deutschen sind nur die Briten (22 Prozent).
Knapp jeder Vierte geht hierzulande also unmotiviert zur Arbeit. Lediglich 39 Prozent der Deutschen gaben an, ihrem Job motiviert nachzugehen. Als weder hochmotiviert noch unmotiviert bezeichneten sich hierzulande 38 Prozent.
Millennials am wenigsten motiviert
Nach Generationen gestaffelt ergibt sich ein interessantes Bild. Denn: Die am meisten motivierten Mitarbeiter hierzulande stellt laut Studie die Generation Z – und das, obwohl sich die Generation Z eigentlich durch ihre ungebundene Lebenseinstellung definiert. 49 Prozent der Vertreter dieser Generation gaben an, motiviert zur Arbeit zur gehen.
Mit 49 Prozent Motivierten liegt die Generation Z also wider Erwarten auf Platz 1 des Motiviertheit-Rankings, gefolgt von der Generation X (46 Prozent) und den Babyboomern (45 Prozent). Auf dem letzten Platz in puncto Arbeitsmotivation rangieren hingegen die Millennials (auch Generation Y genannt). Mit lediglich 41 Prozent Motivierten bilden sie das Schlusslicht.
Dauer der Betriebszugehörigkeit wirkt sich auf Motivation aus
Je nachdem, wie lange ein Angestellter bei einem Unternehmen beschäftigt ist, ließ die Studie Unterschiede in der Motivation erkennen. Wer erst weniger als drei Monate bei einem Unternehmen ist, ist laut Studie am motiviertesten. 60 Prozent der Befragten, die ganz neu in einer Firma sind, gaben an, motiviert zu sein. Bei einer Betriebszugehörigkeit von bis zu zwei Jahren sinkt der Anteil laut Studie bereits auf 40 Prozent, anschließend sogar auf 37 Prozent.
Hierarchie spielt bei Motivation eine Rolle
Auch die Position, die man in einem Unternehmen bekleidet, wirkt sich auf die Arbeitsmotivation aus. Ein Vergleich der Hierarchieebenen zeigt der Studie zufolge, dass Führungskräfte in Deutschland mit 49 Prozent mehr Freude an der Arbeit verspüren als ihre Mitarbeiter, bei denen der Anteil insgesamt 41 Prozent beträgt.
Deutliche Motivationsunterschiede je nach Branche
Und auch je nach Branche lassen sich laut Studie Unterschiede in Sachen Motivation feststellen. Die zufriedensten Mitarbeiter stellt hierzulande die Technologiebranche. Schlusslicht bildet die Energiebranche. Nach Branchen aufgeschlüsselt ergibt sich also folgendes Bild:
- Technologiebranche (44 Prozent)
- Konsumgüterindustrie (42 Prozent)
- Gesundheitswesen und Fachdienstleistungen (jeweils 41 Prozent)
- Finanzbranche (40 Prozent)
- NGOs und der Bildungssektor (jeweils 39 Prozent)
- Fertigungsindustrie (34 Prozent)
- Energiebranche (33 Prozent).
Die Gründe: Darum geht jeder vierte Angestellte unmotiviert zur Arbeit
Laut Studie geht also jeder Vierte hierzulande unmotiviert zur Arbeit. Vor allem die Millennials, die eigentlich mit hohen Anforderungen in das Arbeitsleben starten, bilden in puncto Arbeitsmotivation das Schlusslicht. Zwar lassen sich die Gründe hierfür nicht pauschalisieren, Experten zufolge ist aber sicherlich die fehlende Flexibilisierung der Arbeitszeit ein Grund. Denn vor allem die Generation der Millennials hat diesbezüglich genaue Vorstellungen. Diese Vorstellungen und die Realität lassen sich jedoch oftmals nicht in Einklang bringen. Die Folge: Unzufriedenheit, die immer mehr in Unmotiviertheit umschlägt.
Generell sieht Martin Daniel, Community Manager bei Peakon, die Unzufriedenheit der Beschäftigten in der Kultur der Mitarbeiterführung begründet. Wohingegen in anderen Ländern sogenannte New Work-Modelle längst Einzug hielten, hinkt Deutschland hier im internationalen Vergleich hinterher. Mehr Entscheidungsfreiheit für Arbeitnehmer, noch flexiblere Arbeitszeiten und die Möglichkeit, zumindest zeitweise im Homeoffice zu arbeiten, könnten die Mitarbeiterzufriedenheit auch hierzulande erhöhen.
Derzeit mangelt es in Deutschland jedoch oftmals an derart flexiblen Arbeitsgestaltungsmöglichkeiten. So zeigt beispielswese eine Erhebung des Statistischen Bundesamts, dass Deutschland etwa beim Homeoffice weit unter dem EU-Durchschnitt liegt. Nur 11 Prozent aller Beschäftigten arbeiten hierzulande zumindest gelegentlich von zuhause, EU-weit sind es rund 15 Prozent. In den Niederlanden (38 Prozent), Luxemburg (34 Prozent) und Schweden (33 Prozent) ist es sogar rund einem Drittel der Arbeitnehmer möglich, im Homeoffice zu arbeiten. Hierzulande scheitert der Wunsch nach Homeoffice hingegen in vielen Fällen am Arbeitgeber. Die Unzufriedenheit der Beschäftigten könnte somit in der Tat u.a. in der Kultur der Mitarbeiterführung begründet sein.
Die Auswirkungen: Diese Folgen bringt Unmotiviertheit für Unternehmen mit sich
Auch für Unternehmen bleiben unmotivierte Mitarbeiter nicht ohne Folgen. Nicht nur, dass unmotivierte Mitarbeiter generell auf das Betriebsklima drücken, sie können ein Unternehmen auch noch ordentlich Geld kosten. Denn: Wer nicht gerne zur Arbeit geht, kündigt schneller und ist öfter krank. So liegt bei unmotivierten Mitarbeitern die Anzahl der Krankheitstage im Schnitt um 75 Prozent höher.
Abgesehen davon brachte eine Untersuchung des Coaching-Anbieters BetterUp zutage, dass sich bei Mitarbeitern, die das Gefühl haben nicht zum Unternehmen zu gehören, die Arbeitsleistung halbiert. Die Folge: Für eine Firma mit 10.000 Mitarbeitern könnten aufgrund von Unmotiviertheit und Unzufriedenheit jährlich mehr als 48 Millionen Euro Mehrkosten entstehen. Unmotivierte Angestellte wirken sich somit enorm auf die Wirtschaftlichkeit eines Unternehmens aus.
Deutschland im internationalen Vergleich
In Deutschland geht jeder vierte Angestellte unmotiviert zur Arbeit. Damit liegt Deutschland im Vergleich mit Großbritannien, Dänemark, den USA, Australien und Neuseeland an der Spitze des Unzufriedenheits-Rankings. Ähnlich unmotiviert zeigen sich allerdings die Briten. Laut Studie gehen in Großbritannien 22 Prozent der Arbeitnehmer lustlos zur Arbeit.
Auch der Abstand zu Australien (21 Prozent) und Neuseeland (20 Prozent) ist noch überschaubar. Die wenigsten Unmotivierten gibt es hingegen in den USA mit 19 Prozent und in Dänemark mit 18 Prozent. Hier wird der Unterschied schon deutlicher. In den USA und Dänemark hat nur jeder Sechste mit Motivationsproblemen am Arbeitsplatz zu kämpfen. Vielmehr gaben 45 Prozent sowohl der amerikanischen als auch der dänischen Arbeitnehmer an, zufrieden im Job zu sein. Fast die Hälfte geht hier also gerne zur Arbeit.
Hierzulande zeichnet sich ein anderes Bild, allerdings lassen sich je nach Branche teils deutliche Unterschiede erkennen. Mitarbeiter der Tech-Branche können mit 44 Prozent durchaus mit der Durschnitts-Motivation der internationalen Spitzenreiter mithalten. Im Energiesektor ist dagegen nur noch ein Drittel der Arbeitnehmer motiviert (33 Prozent). Alles in allem schneidet Deutschland daher im internationalen Vergleich trotz branchenabhängiger Unterschiede am schlechtesten ab.
Fazit
Um die Motivation vieler Arbeitnehmer ist es hierzulande im internationalen Vergleich nicht gut bestellt. Womöglich sollten deutsche Unternehmen daher einen blick über den Tellerrand werfen und von den Spitzenreitern im Motivations-Vergleich lernen. So lassen sich in skandinavischen Ländern beispielsweise deutlich flachere Hierarchien erkennen. Noch dazu warten skandinavische Unternehmen mit flexibleren Arbeitszeiten und modernen Arbeitsgestaltungsmöglichkeiten auf und tragen somit auch zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben bei. Durch die vermehrte Einführung von New Work-Modellen ließe sich sicherlich auch hierzulande die Mitarbeitermotivation erhöhen. Dann stünde Deutschland im Vergleich mit anderen Industrienationen womöglich nicht mehr ganz so schlecht da.
Immerhin ein Lichtblick bleibt jedoch: Die Generation Z ist motivierter als ihre Vorgänger, die Millennials. Womöglich können sie bei künftigen Mitarbeiterbefragungen das Ruder wieder herumreißen 😉
Unsere Autorin Patricia Schlösser-Christ studierte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und arbeitete anschließend an der Volkshochschule Worms. Als Kulturanthropologin M.A. widmet sie sich seither dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung / Weiterbildung und hat dabei auch die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt stets im Blick.