Wir alle sind im Leben schon einmal bei irgendetwas gescheitert – sei es im Sport, im Job, in Beziehungen etc. Jeder Mensch kennt also das Gefühl der Niederlage. Doch nicht jeder weiß damit umzugehen. Während die einen verzagen, mit sich hadern und in Selbstzweifel verfallen, betrachten andere solche Misserfolge als Chance. Und das ist im Grunde genau richtig. Weshalb auch ihr Scheitern nicht als Weltuntergang, sondern als Chance betrachten solltet, das verraten wir euch in diesem Artikel.
Weshalb wir immer gewinnen wollen
Wir alle wollen am liebsten immer gewinnen. Doch Verlieren gehört zum Leben dazu. Und Niederlagen haben wahrlich viele Gesichter. Sie zeigen sich beispielsweise in Gestalt von sportlichen Niederlagen, beruflichen Rückschlägen oder gescheiterten Beziehungen. All diese Misserfolge haben jedoch etwas gemeinsam: sie zehren an uns, sie machen uns traurig, sie lähmen uns – zumindest zeitweise. Und das ist im Grunde eine adäquate Reaktion, schließlich gehört die Gefühlsebene der Trauer und der Enttäuschung zur Bewältigung und Verarbeitung von Niederlagen dazu. Wichtig ist jedoch, sich in Zeiten der Niederlage nicht vollkommen und vor allem nicht längerfristig hängen zu lassen. Andernfalls schlägt uns der Misserfolg nachhaltig aufs Selbstbewusstsein.
Nach einer adäquaten Erstreaktion aus Trauer und Enttäuschung, ja manchmal sogar Wut, sollte man also unbedingt wieder nach vorne blicken. Fehler reflektieren, abhaken und weitermachen lautet die Devise. Nur leider fällt genau das vielen schwer.
Die Angst, erneut zu versagen, hat eine lähmende Wirkung
Aber weshalb ist das so? Weshalb fällt es uns so schwer, Niederlagen wegzustecken? Nun, Fehler zu machen ist hierzulande stark mit Scham und Schuldgefühlen verbunden. Psychologen zufolge gründet die Angst zu verlieren bereits auf der Kindheit. Schließlich wird uns bereits in frühesten Jahren oftmals (mehr oder weniger unterschwellig) suggeriert, dass wir im Grunde selbst schuld sind an unseren Misserfolgen, die sich beispielsweise in Form von schlechten Noten einstellen. „Hättest du mal besser gelernt“, geben Erwachsene ihren Kindern dann allzu gerne mit auf den Weg. Und dieser als Ratschlag verpackte Vorwurf ist auch im Erwachsenenalter noch präsent in unseren Köpfen. Das gilt natürlich auch für ähnliche Situationen, die wir im Kindesalter erleben, wie z.B. Stürze („Hättest du mal langsam gemacht“) oder Niederlagen im Sport („Hättest du mal mehr trainiert“). Uns von all diesen unterschwelligen Vorwürfen zu lösen, fällt uns auch im Erwachsenenalter schwer. Die Angst zu versagen entfaltet somit auch bei uns Erwachsenen immer noch (oder sogar verstärkt) ihre Wirkung.
Gewinnambitionen entstehen in der Kindheit
Schon als Kinder entwickeln wir also oftmals einen ganz besonderen Ehrgeiz und wollen es allen zeigen – einschließlich uns selbst. Viele Kinder stellen basierend auf diesem kindlichen Ehrgeiz daher richtig hohe Ansprüche an sich. Sie möchten sich, ihrer Umwelt und vor allem ihren Eltern beweisen, wie selbständig sie sind. Man strebt im Kindesalter also im Grunde nach Anerkennung für das Geleistete. Später entwickelt sich daraus dann das Streben nach Erfolg.
Hormonschub sorgt für Glücksgefühl
Manche Menschen sind fast schon süchtig danach, zu gewinnen. Und in der Tat beschert Erfolg ein gewisses Hochgefühl, das man am liebsten immer wieder erleben möchte. Denn gewinnt man, wird das Belohnungszentrum des Gehirns stimuliert und die Stimmung wird deutlich gesteigert. Glückshormone werden freigesetzt und je größer der Erfolg, desto besser ist die Stimmung.
Im Umkehrschluss heißt das aber eben auch: je größer die Niederlage, desto tiefer der Stimmungsabfall. Und je tiefer der Stimmungsabfall, desto schwieriger fällt es uns, die Niederlage zu bewältigen und sogar als Chance zu betrachten.
Wie sich Misserfolge in Chancen umwandeln lassen
Der erste Schritt, um einen Misserfolg in eine Chance umzuwandeln, ist das eigene Missgeschick zu akzeptieren. Was in der Theorie einfach klingt, ist doch so schwer in die Praxis umzusetzen. Wer gibt schon gerne einen Fehler zu!? Viel lieber geben wir doch den Umständen oder gar anderen Menschen die Schuld (oder zumindest eine Mitschuld). Auf diese Weise lassen sich Misserfolge jedoch nicht in Chancen umwandeln. Vielmehr ist eine selbstkritische Haltung essentiell, um Niederlagen nicht nur abzuhaken, sondern sogar noch einen Lerneffekt zu erzielen. Es gilt also, eigene Fehler anzuerkennen. Auf diese Weise nimmt man ihnen die Kraft und kann sie letztlich in etwas Positives umgestalten.
Denn wie heißt es so schön: aus Fehlern lernt man. Das gilt selbstverständlich auch für Niederlagen. Wer Misserfolge selbstkritisch reflektiert, wird vielleicht das ein oder andere finden, das er hätte anders und besser machen können. Auch wenn man also einmal nicht gewinnt, ist man wenigstens um eine wertvolle Erfahrung reicher.
Zugegeben, das ist anfangs nur ein schwacher bis gar kein Trost. Dennoch ist es wichtig, dass sich diese Einsicht irgendwann einstellt. Natürlich nicht sofort, aber nach einer angemessenen Phase der Trauer und Enttäuschung. Erst und nur dann kann es gelingen, einen Misserfolg tatsächlich in eine neue Chance umzuwandeln.
Auf keinen Fall sollte man die eigenen Misserfolge und Niederlagen indessen verdrängen oder vergleichbare Situationen künftig meiden. Die Angst, denselben Fehler womöglich noch einmal zu begehen, sollte keinesfalls die Oberhand gewinnen. Denn dies wäre der erste Schritt zum Stillstand. Und Stillstand ist bekanntlich Rückschritt.
Erfahrung mitnehmen und nach vorne blicken
Es gilt also quasi den gesamten Saft aus der Zitrone zu pressen, in die man beißen musste. Und das gelingt, indem man Fehler im Grunde nicht als Fehler betrachtet, sondern vielmehr als Erfahrung verbucht, die zwar unangenehm und schmerzlich war, im Nachhinein jedoch zu einem höheren Wissen geführt hat. Denn wer sich selbstkritisch mit einem Misserfolg auseinandersetzt, kann wichtige Erkenntnisse gewinnen. Zu analysieren, in welcher Situation man womöglich anders hätte handeln sollen, hilft schließlich dabei, den gleichen Fehler nicht erneut zu begehen. Vielmehr wird man für ähnliche Situationen künftig gerüstet sein und wird abgeklärter handeln können.
Man sollte sich also im Grunde nicht fragen, WARUM („Warum ich?“) man einen Fehler gemacht hat, sondern WOZU („Wozu war dieser Misserfolg gut?“). Denn wohingegen die Frage nach dem Warum ein endgültiges Scheitern impliziert, lässt die Frage nach dem Wozu einen Sinn erkennen. Der Misserfolg wird in diesem Fall nicht als endgültiges Scheitern, sondern als eine wichtige Station auf einem Weg, der ein Ziel verfolgt, betrachtet. Und allein dies macht bereits Mut, den Weg weiterzugehen und ihn letztlich doch noch zu Ende zu bringen. Man holt sich also gewissermaßen die Handlungskontrolle zurück, indem man den Misserfolg lediglich als Zwischenstation betrachtet.
Positive Grundeinstellung wichtig
Ebenso wichtig wie eine selbstkritische Fehleranalyse ist es also, die richtige Grundeinstellung einzunehmen und wieder positiv nach vorne zu blicken. Wer permanent mit den Fehlern der Vergangenheit hadert, ist im Kopf nicht frei für Neues. Daher gilt: Misserfolge sollten irgendwann auch abgehakt werden. Es bringt nichts, die Situation gedanklich immer und immer wieder durchzuspielen und alte Emotionen hochkochen zu lassen. Nur wer mit sich und den Fehlern der Vergangenheit im Reinen ist, kann der Zukunft positiv begegnen.
Wer Schwierigkeiten hat, zu einer positiven Grundeinstellung zurückzufinden, der sollte sich einmal ganz konkret vor Augen führen, was in der letzten Zeit gut lief und worauf er stolz sein kann. Da gibt es mit Sicherheit einiges – und das beschert einem ein gutes Gefühl. Genau dieses gute Gefühl kann dabei helfen, den Misserfolg, mit dem man hadert, gedanklich endlich abzuschütteln und zuversichtlich nach vorne zu blicken.
Fazit
Scheitern ist kein Weltuntergang. Vielmehr birgt es die Chance, dazuzulernen. Schon Oscar Wilde wusste: „Wer Fehler gemacht hat, hat meistens nur Erfahrung gesammelt“.
Es gilt also, Fehler und Niederlagen selbstkritisch zu analysieren und daraus zu lernen. Denn gelingt es uns, die eigenen Misserfolge in Chancen umzuwandeln, werden wir bald nicht mehr zurück blicken – sondern nur noch nach vorne!
Unsere Autorin Patricia Schlösser-Christ studierte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und arbeitete anschließend an der Volkshochschule Worms. Als Kulturanthropologin M.A. widmet sie sich seither dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung / Weiterbildung und hat dabei auch die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt stets im Blick.