Der Gehaltsatlas 2019 belegt wieder einmal, dass die Einkommen in der Bundesrepublik Deutschland immer noch stark auseinandergehen. In welchen Regionen die Löhne laut aktuellem Gehaltsatlas am höchsten bzw. am niedrigsten sind, das verraten wir euch in diesem Artikel!
Was ist der Gehaltsatlas?
Das Online-Portal GEHALT.de wertet jedes Jahr die Gehaltsangaben der Portale GEHALT.de, GEHALTSVERGLEICH.com sowie des Beratungsunternehmens „Compension Partner“ aus. Der daraus resultierende Gehaltsatlas gibt Aufschluss darüber, wie sich die Gehälter im Vergleich zu den Vorjahren entwickelten und welche Tendenzen zu beobachten sind.
Der Gehaltsatlas 2019: Ergebnisse und Auffälligkeiten
Für den Gehaltsatlas 2019 wurden 492.171 Vergütungsangaben aus den letzten 12 Monaten von Beschäftigten in Deutschland ausgewertet. 40 Prozent der untersuchten Lohnangaben stammen hierbei von Frauen, 60 Prozent von Männern. Der Anteil von Beschäftigten mit Personalverantwortung beträgt 7 Prozent, Fachkräfte ohne Personalverantwortung machen mit 93 Prozent die Mehrheit aus.
Wie in den Vorjahren weisen die Ergebnisse des Gehaltsatlas auch 2019 große Gehaltsunterschiede auf. So herrscht nach wie vor ein großes Lohngefälle zwischen West- und Ostdeutschland und auch zwischen den Geschlechtern. Die genauen Ergebnisse des Gehaltsatlas 2019 und die Auffälligkeiten, die bei der Auswertung der Vergütungsangaben zutage traten, möchten wir euch im Folgenden gerne erläutern.
Ergebnisse und Auffälligkeiten:
1. In Hessen verdient man am besten
Auch im diesjährigen Gehaltsatlas schneidet Hessen wieder am besten ab. Das Lohnniveau liegt hier laut Gehaltsatlas bei 114,1 Prozent und somit deutlich über dem durchschnittlichen Gehaltsniveau der gesamten Bundesrepublik. In Hessen verdienen Beschäftigte laut Gehaltsatlas im Schnitt 51.345 Euro, 14,1 Prozent mehr als der Bundesdurchschnitt (45.000 Euro). Dass Hessen sich in den vergangenen Jahren stets den Spitzenplatz sichern konnte, liegt vor allem an der Bankenmetropole Frankfurt. Beachtlich ist, dass das Bundesland seinen Vorsprung im Vergleich zum Vorjahr sogar um weitere 1,4 Prozentpunkte ausbauen konnte.
Auf Platz zwei rangiert Baden-Württemberg (108,6 Prozent), gefolgt von Hamburg (105,9 Prozent) und Bayern (105,1 Prozent). Auch das Lohnniveau in Nordrhein-Westfalen bewegt sich mit 100,8 Prozent noch knapp über dem Bundesdurchschnitt.
Ein deutlich weniger positives Bild zeichnet sich auf den hinteren Rängen. Dort liegen weit abgeschlagen die ostdeutschen Bundesländer Brandenburg (78,93 Prozent), Sachsen-Anhalt (78,88 Prozent) und Schlusslicht Mecklenburg-Vorpommern (75,9 Prozent).
Das Gehaltsranking für alle Bundesländer im Detail:
- Hessen: 114,1 Prozent (51.345 Euro)
- Baden-Württemberg: 108,6 Prozent (48.870 Euro)
- Hamburg: 105,9 Prozent (47.655 Euro)
- Bayern: 105,1 Prozent (47.295 Euro)
- NRW: 100,8 Prozent (45.360 Euro)
- Rheinland-Pfalz: 98,3 Prozent (44.253 Euro)
- Bremen: 95,8 Prozent (43.110 Euro)
- Saarland: 95 Prozent (42.750 Euro)
- Berlin: 94,5 Prozent (42.525 Euro)
- Niedersachsen: 91,8 Prozent (41.310 Euro)
- Schleswig-Holstein: 88,3 Prozent (39.735 Euro)
- Thüringen: 81 Prozent (36.450 Euro)
- Sachsen: 79,9 Prozent (35.955 Euro)
- Brandenburg: 78,93 Prozent (35.519 Euro)
- Sachsen-Anhalt: 78,88 Prozent (35.474 Euro)
- Mecklenburg-Vorpommern: 75,9 Prozent (34.155 Euro)
In den neuen Bundesländern ohne Berlin verdienen Arbeitnehmer also im Schnitt weniger als 37.000 Euro. Generell nimmt Berlin bei den ostdeutschen Bundesländern eine Sonderstellung ein. Die Hauptstadt erreicht mit 94,5 Prozent im Vergleich zu den übrigen östlichen Bundesländern ein hohes Gehaltsniveau. Beschäftigte beziehen hier also ein durchschnittliches Einkommen in Höhe von 42.525 Euro und liegen weit über dem ostdeutschen Durchschnitt.
2. In Stuttgart sind die Gehälter am höchsten
Wohingegen bei den Bundesländern Hessen am besten Abschnitt, sicherte sich bei den Landeshauptstädten Stuttgart Platz eins des Rankings. Als Gründe für das hervorragende Abschneiden der Hauptstadt von Baden-Württemberg sind die starke Luft- und Raumfahrt- sowie die Automobilindustrie zu nennen, die dort die Gehälter hochschrauben. Es verwundert also nicht, dass sich Stuttgart mit einem Gehaltsniveau von 124,8 Prozent Platz eins sicherte, knapp vor München (124,4 Prozent). Auf den weiteren Plätzen folgen Düsseldorf (117,7 Prozent) und schließlich auch die hessische Landeshauptstadt Wiesbaden (115,6 Prozent).
Auch bei diesem Ranking wird das Lohngefälle zwischen Ost- und Westdeutschland deutlich. Auf den hinteren Rängen befinden sich mit Erfurt (84,4 Prozent), Potsdam (84,2 Prozent) und Schwerin (78,3 Prozent) ausschließlich ostdeutsche Landeshauptstädte. Nichtsdestotrotz konnten sich die ostdeutschen Städte im Vergleich zum Vorjahr verbessern. So legte Erfurt im Vergleich zu 2018 um 4 Prozentpunkte zu, Potsdam um 3,6 und Schwerin um 2,2.
Das Gehaltsranking für alle Landeshauptstädte im Detail:
- Stuttgart: 124,8 Prozent
- München: 124,4 Prozent
- Düsseldorf: 117,7 Prozent
- Wiesbaden: 115,6 Prozent
- Hamburg: 105,9 Prozent
- Mainz: 105,1 Prozent
- Hannover: 103,7 Prozent
- Saarbrücken: 99,8 Prozent
- Bremen: 95,8 Prozent
- Berlin: 94,5 Prozent
- Kiel: 93,6 Prozent
- Dresden: 86,2 Prozent
- Magdeburg: 84,8 Prozent
- Erfurt: 84,4 Prozent
- Potsdam: 84,2 Prozent
- Schwerin: 78,3 Prozent
3. Die Kluft zwischen Ost und West wird kleiner
Auch fast 30 Jahre nach der Wiedervereinigung herrscht zwischen Ost- und Westdeutschland also ein großes Gehaltsgefälle. So erhalten Beschäftigte im Osten nach wie vor ein geringeres Gehalt (rund 23,9 Prozent weniger) als im Westen Deutschlands. Die Zahlen verdeutlichen also einmal mehr, dass die Einkommen in der Bundesrepublik Deutschland immer noch stark auseinandergehen.
Jahr | Westdeutschland | Ostdeutschland | Gefälle |
---|---|---|---|
Durchschnitt 2019 | 46.888 € | 37.838 € | 23,9 % |
Durchschnitt 2017 | 42.968 € | 34.308 € | 25,2 % |
Begründen lassen sich die verhältnismäßig geringen Gehälter in den neuen Bundesländern damit, dass kapitalstarke Firmen ihren Sitz in den alten Bundesländern haben. In den neuen Bundesländern sind vor allem kleine bis mittelgroße Unternehmen angesiedelt. Und die Unternehmensgröße spielt eine Rolle für die Höhe des Gehaltes. Dem Gehaltsatlas zufolge sind die Gehälter der Mitarbeiter bei Großunternehmen mit über 1.001 Mitarbeitern zum Teil sogar mehr als doppelt so hoch wie die Gehälter der Mitarbeiter bei kleinen Unternehmen mit weniger als 21 Angestellten. Der Grund ist schnell erklärt. Große Unternehmen verfügen schlichtweg über ein größeres Kapital.
Nichtsdestotrotz brachte der Gehaltsatlas jedoch für alle Beschäftigten im Osten auch etwas Positives zutage. Die Lücke zwischen den Gehältern im Osten und im Westen liegt in diesem Jahr um 1,3 Prozentpunkte niedriger als noch im Jahr 2017. Bislang ist dies natürlich eher ein kleiner Tropfen auf dem heißen Stein. Immerhin: trotz der noch hohen Lohnunterschiede kommen sich Ost und West näher.
Die Gehälter im Osten und Westen gleichen sich also an – wenn auch sehr langsam. Philip Bierbach, dem Geschäftsführer von GEHALT.de zufolge, ist diese positive Entwicklung auf die sinkende Arbeitslosenquote in den neuen Bundesländern und die steigende Attraktivität von Städten wie Berlin, Dresden und Leipzig zurückzuführen.
Hinweis:
Wer mit dem Gedanken spielt, sich einen Job in einer Region mit höheren Gehältern zu suchen, sollte bedenken, dass sich auch die Lebenshaltungskosten von Region zu Region und von Stadt zu Stadt mitunter stark unterscheiden. Die Mieten für Wohnraum beispielsweise weisen große Unterschiede auf. Während die Durchschnittsmiete in Schwerin und Dresden bei 5,81 Euro pro Quadratmeter liegt, beträgt die Nettokaltmiete in München 10,22 Euro – satte 52 Prozent über dem bundesweiten Durchschnitt. Auch die sonstigen Lebenshaltungskosten variieren je nach Region zuweilen erheblich und können ein vermeintlich höheres Gehalt somit direkt wieder relativieren.
4. Frauen verdienen nach wie vor deutlich weniger als Männer
Für den Gehaltsatlas wurde auch die unbereinigte Entgeltlücke zwischen den Geschlechtern ermittelt. Unbereinigt deshalb, da bei der Analyse Parameter wie Bildung, Alter, Funktion oder Berufserfahrung nicht berücksichtigt wurden. Nichtsdestotrotz gibt diese unbereinigte Entgeltlücke Auskunft darüber, in welchen Bundesländern die Tendenz zu einer Lohnungleichheit zwischen Frauen und Männern am größten ist.
Die höchste Entgeltlücke wies hierbei Baden-Württemberg auf. In Baden-Württemberg verdienen Männer rund 26,5 Prozent mehr als Frauen. Auf den weiteren Rängen folgen Niedersachsen (24,1 Prozent), Bayern (24,0 Prozent) und Hessen (23,9 Prozent).
Am geringsten ist die Entgeltlücke hingegen laut Gehaltsatlas 2019 in Brandenburg (16,6 Prozent) und Mecklenburg-Vorpommern (16,4 Prozent).
Auch hierfür gibt es, Philip Bierbach zufolge, eine einfache Erklärung. Da in einkommensstarken Bundesländern wie Bayern oder Baden-Württemberg die Gehaltsschere generell stärker auseinandergeht, weisen diese Bundesländer in der Regel auch eine hohe Entgeltlücke auf.
Prognose für die kommenden Jahre
Im Großen und Ganzen dürften sich die Gehälter in den kommenden Jahren positiv entwickeln. Der Arbeitsmarkt boomt und es herrscht mit 5,3 Prozent (Stand Januar 2019) eine rekordhaft niedrige Arbeitslosenquoten. Da auch in diesem Jahr mit einem Anstieg des Bruttoinlandsprodukts zu rechnen ist (Experten gehen von 1,6 Prozent aus), prognostiziert der Geschäftsführer von GEHALT.de auch einen Anstieg des Reallohns um bis zu 1,8 Prozent.
Abzuwarten bleibt Philip Bierbach zufolge jedoch, inwiefern sich der Brexit, die Handelskonflikte mit den USA oder aber die schwächelnde Automobilindustrie auf den Arbeitsmarkt auswirken. Nichtsdestotrotz ziehen er und die anderen Experten von GEHALT.de eine positive Bilanz und blicken zuversichtlich in die Zukunft.
Fazit
Auch wenn wir Deutschen zweifellos zu den Einkommensstarken in der EU zählen, herrscht hierzulande den Ergebnissen des Gehaltsatlas zufolge auch Nachholbedarf – allen voran bei den Verdienstunterschieden zwischen Männern und Frauen sowie beim Verdienstabstand zwischen den alten und neuen Bundesländern. Nichtsdestotrotz weist der Gehaltsatlas 2019 alles in allem eine positive Tendenz auf. Auch wenn das Lohngefälle zwischen Ost und West sowie die Entgeltlücke zwischen den Geschlechtern nur langsam kleiner werden, so geht der Trend doch in die richtige Richtung. Wenn auch du dein Gehalt vergleichen möchtest, dann kannst du dafür unseren kostenlosen Gehaltsvergleich nutzen.
Unsere Autorin Patricia Schlösser-Christ studierte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und arbeitete anschließend an der Volkshochschule Worms. Als Kulturanthropologin M.A. widmet sie sich seither dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung / Weiterbildung und hat dabei auch die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt stets im Blick.