Unternehmen fordern ihre Bewerber oftmals bereits in der Stellenausschreibung dazu auf, in ihrer Bewerbung auch ihre Gehaltsvorstellung zu nennen. Erfahrene Wechselwillige, die ihren Marktwert kennen, kann eine solche Aufforderung kaum aus der Ruhe bringen. Frischgebackene Absolventen hingegen können bei der Formulierung der eigenen Gehaltsvorstellung schon einmal ins Schwitzen geraten. Schließlich möchte man sich natürlich nicht unter Wert verkaufen, gleichzeitig aber auch nicht wegen übertrieben hoher Forderungen direkt wieder aus dem Bewerberpool herausfliegen. Grundsätzlich gilt bei der Frage nach den Gehaltsvorstellungen daher: Selbstvertrauen ist gut – solange man es nicht übertreibt. Nur ist der Grat zwischen Selbstvertrauen und Selbstüberschätzung bekanntlich schmal. Und das macht die Sache nicht gerade leicht. Damit ihr künftig für die heikle Frage nach der Gehaltsvorstellung gewappnet seid, möchten wir euch im Folgenden gerne ein paar Tipps an die Hand geben!
Warum das erste Gehalt so wichtig für den späteren Werdegang ist
Das Einstiegsgehalt legt den Grundstein für alle weiteren Gehaltsverhandlungen. Schließlich orientieren sich künftige Gehaltserhöhungen meist prozentual am aktuellen Gehalt. Mit dem ersten Gehalt taxiert man also in gewisser Weise den eigenen Marktwert und wird auch in den nächsten Jahren daran gemessen. Klar, dass man sich daher nicht unter Wert verkaufen sollte. Wer mit einem guten Einstiegsgehalt startet, wird schließlich im Laufe seines Erwerbslebens vermutlich auch mehr verdienen. Wer niedrig einsteigt, wird es hingegen schwer haben, diese „Kluft“ wieder zu schließen. Vor allem langfristig zahlt sich ein höheres Einstiegsgehalt also aus – natürlich auch in der Rentenkasse.
Dennoch empfiehlt es sich nicht, zu hoch zu pokern. Wer die durch eine hohe Gehaltsvorstellung geweckten großen Erwartungen nicht erfüllt, der fliegt und findet sich nach der Probezeit ganz schnell auf Jobsuche wieder. Sofern man überhaupt zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen wurde. Wer übertrieben hohe Forderungen an das Einstiegsgehalt stellt, dessen Bewerbung wird nämlich oftmals direkt vom Personaler aussortiert und landet auf dem Stapel „zu teuer“.
Hier ist also Fingerspitzengefühl gefragt. Denn mit der Formulierung der Gehaltsvorstellung steht oder fällt eine Bewerbung. Grundsätzlich sollte der Gehaltswunsch also immer realistisch sein. Es ist daher unbedingt ratsam, den eigenen Marktwert zu ermitteln, um sich nicht selbst direkt als Jobkandidat zu disqualifizieren.
Wie man den eigenen Marktwert ermittelt
Aber wie ermittelt man den eigenen Marktwert? Woher soll man wissen, wie viel die eigene Leistung wert, welche Forderung angemessen ist? Diese Fragen stellen sich wohl vor allem Berufseinsteiger. Für sie ist das Formulieren eines Gehaltswunsches oftmals eine echte Herausforderung. Aber auch erfahrenen Berufstätigen und Quereinsteigern fällt es mitunter schwer, ihren aktuellen Marktwert zu taxieren.
Zur ersten Einschätzung des eigenen Marktwertes kann unser Gehaltsvergleich herangezogen werden. Wir stellen damit kostenlose Gehaltstabellen für unterschiedliche Branchen und Positionen zur Verfügung, an denen man sich zumindest grob orientieren kann. Hierbei muss man jedoch bedenken, dass diese Gehaltsangaben weder das persönliche Profil noch den Lebenslauf berücksichtigen. Die aufgeführten Durchschnittswerte sollte man also nicht blind übernehmen.
Einen exakteren Richtwert bietet der Entgeltatlas der Bundesagentur für Arbeit. Per Suchfunktion kann man hier über Berufsbezeichnungen und unterteilt nach Bundesländern, Altersgruppen und Geschlecht eine relativ realistische Gehaltsvorstellung ermitteln.
Einige Jobbörsen bieten zudem ein praktisches Analyse-Tool an, das anhand einer Analyse des Lebenslaufs einen Marktwert berechnet. Ein solches Analyse-Tool hält beispielsweise die Jobbörse Adzuna für ihre User bereit. Wer seinen Lebenslauf als PDF auf der Adzuna-Webseite hochlädt, kann ohne großen Aufwand seinen Marktwert analysieren lassen. Aber auch hier gilt: Man sollte sich nicht blind auf den ermittelten Wert verlassen, sondern immer auch andere Vergleichswerte zurate ziehen.
Einen guten Anhaltspunkt können unter Umständen auch Interviews bieten. Es empfiehlt sich daher im Internet nach Zeitungsartikeln et cetera zu suchen, in denen Arbeitgeber verraten, wie viel Berufseinsteiger in einem Trainee-Programm oder beim Direkteinstieg erwarten können. Vielleicht lässt sich ja idealerweise sogar ein Interview mit einem Vertreter des Unternehmens finden, bei dem man sich bewerben möchte.
Diese Faktoren gilt es zu berücksichtigen:
Grundsätzlich gilt: Je mehr Informationen man über das Unternehmen oder die ausgeschriebene Stelle sammelt, desto besser. Ausschlaggebend für die Formulierung des Gehaltswunsches ist nämlich nicht nur die eigene Qualifikation. Auch die Größe des Unternehmens, bei dem man sich bewirbt sowie die Branche, in der das Unternehmen tätig ist und die Region, in der das Untenehmen angesiedelt ist, spielen immer eine Rolle. Bei großen Konzernen fallen die Gehälter in der Regel höher aus als bei mittelständischen Unternehmen und in Großstädten werden meist höhere Gehälter gezahlt als in strukturschwächeren Regionen. All diese Faktoren sollten also in die Überlegungen zum Einstiegsgehalt einfließen.
Persönliche „Schmerzgrenze“ festsetzen:
Und last but not least sollte man sich immer auch bereits vorab eine persönliche „Schmerzgrenze“ bewusst machen, die aufgrund der finanziellen Verpflichtungen, die man hat, nicht unterschritten werden kann. Da man bei den Bruttojahreswerten auf den ersten Blick jedoch nicht sofort sieht, was am Monatsende tatsächlich auf dem Bankkonto landet, ist es ratsam beim Festsetzen der Gehaltsvorstellung immer auch einen Brutto-Netto-Rechner heranzuziehen. Dieser zeigt auf, was vom Gehaltswunsch nach Abzug aller Abzüge netto noch übrig bleibt.
Alles in allem erfordert eine realistische Gehaltsvorstellung eine gute Recherche. Nimm dir die nötige Zeit dafür und vermeide Schnellschüsse. Gute Personaler merken, ob du dich gründlich mit diesem Thema beschäftigt hast und deinen Marktwert tatsächlich kennst.
Wie man die Gehaltsvorstellung formuliert
Die Gehaltsvorstellung sollte im letzten Textabschnitt des Anschreibens klar und knapp formuliert werden. Zuvor sollte auf die Qualifikation und die Motivation eingegangen werden. Schließlich soll der Personaler nicht den Eindruck gewinnen, das Gehalt hätte für den Bewerber Priorität. Nach dem Formulieren der Gehaltsvorstellung folgt dann der Schlussteil der Bewerbung, in dem man die Hoffnung auf die Einladung zu einem persönlichen Gespräch zum Ausdruck bringt.
Viele Bewerber formulieren ihren Einkommenswunsch in „von-bis-Manier“, um einen akzeptablen Verhandlungsspielraum zu haben. Experten empfehlen diese Variante auch, denn so signalisiert man dem Arbeitgeber, dass man seinen Marktwert kennt, aber verhandlungsbereit ist. Die Spanne sollte allerdings nicht zu groß sein, sondern maximal 3.000 bis 5.000 Euro umfassen (bezogen auf das jährliche Brutto-Gehalt).
Wer hingegen besonders selbstbewusst rüberkommen möchte, der kann auch ein ganz konkretes Bruttojahresgehalt angeben. Aber Vorsicht, hier ist Fingerspitzengefühl gefragt. Ein konkreter Wert zeugt zwar von Selbstbewusstsein und Klarheit, kann jedoch unter Umständen auch fehlende Verhandlungsbereitschaft suggerieren. Und ist die Gehaltsvorstellung des Bewerbers vom angedachten Gehalt zu weit entfernt, stellt dies für das Unternehmen ein Ausschlusskriterium dar.
Die selbstbewusste Variante zur Formulierung des Gehaltswunsches lautet also:
„Meine Gehaltsvorstellung liegt bei 53.000 Euro brutto im Jahr.“
Wer hingegen einen Verhandlungsspielraum schaffen und nicht zu forsch wirken möchte, der sollte besser folgende Variante wählen:
„Aufgrund meiner Qualifikationen und Kenntnisse strebe ich ein Jahresgehalt zwischen 50.000 und 53.000 Euro brutto an.“
Von weiteren „Forderungen“, wie etwa Erfolgsprämien, sollte in der Bewerbung besser abgesehen werden. Geldwerte Vorteile, wie zum Beispiel eine betriebliche Altersvorsorge, ein Dienstwagen, Aktien oder auch ein Firmenhandy, sind kein Thema für die schriftliche Bewerbung. Solche Dinge sollten immer erst im Zuge der detaillierten Gehaltsverhandlung besprochen werden. Also übertreibe es nicht, andernfalls verschreckst du deinen potenziellen neuen Arbeitgeber womöglich. Gib lieber ein Bruttojahresgehalt an, in das du alle zusätzlichen Leistungen bereits einkalkuliert hast.
Warum man die Frage nach der Gehaltsvorstellung nicht unbeantwortet lassen sollte
Auch wenn die Frage nach der Gehaltsvorstellung vielen Bewerbern Kopfzerbrechen bereitet, sollte man sie niemals unbeantwortet lassen, wenn in der Stellenanzeige explizit danach gefragt wird. Andernfalls gibt man unvollständige Bewerbungsunterlagen ab. Ein klarer Minuspunkt im Bewerbungsschreiben, der dazu führen kann, dass der Personaler die Bewerbung von vornherein aussortiert.
Wenn man keine konkrete Angabe machen möchte, sollte man daher zumindest signalisieren, dass man die Frage nach der Gehaltsvorstellung registriert hat. Das gelingt, indem man zum Beispiel das aktuelle Jahresgehalt angibt. Damit gibt man zwar keine konkrete Auskunft über den Gehaltswunsch, man gibt dem Personaler aber zumindest eine mögliche Verhandlungsgrundlage an die Hand. Bei einem Jobwechsel aus ungekündigter Position sind normalerweise nämlich 10 bis 20 Prozent Aufschlag üblich, weshalb der Personaler in diesem Fall einschätzen kann, worauf man vermutlich hinaus möchte.
Frischgebackene Absolventen haben es auch hier natürlich wieder schwerer. Schließlich können sie auf die Frage nach den Gehaltsvorstellungen nicht ausweichend mit der Angabe des aktuellen Jahresgehalts antworten. Dennoch sollten natürlich auch Berufseinsteiger diese Frage niemals unbeantwortet lassen. Um sich (zumindest vorläufig) gekonnt aus der Affäre zu ziehen, sind zum Beispiel folgende Formulierungen gut geeignet:
„Meine Gehaltsvorstellungen erläutere ich Ihnen gerne im persönlichen Gespräch.“
„Ich strebe eine meinen Qualifikationen und der mit dieser Position verbundenen Verantwortung angemessene Vergütung an.“
Mit solchen oder ähnlichen Formulierungen signalisiert man, dass man die Stellenanzeige vollständig zur Kenntnis genommen hat, kann sich jedoch (vorläufig) vor einer konkreten Angabe drücken. Aber: Spätestens beim Bewerbungsgespräch wird der Personaler eine Gehaltsvorstellung erwarten. Dann sollte man darauf vorbereitet sein. Man wird also nicht umhin kommen, den eigenen Marktwert doch noch zu ermitteln.
Fazit
Um den eigenen Marktwert realistisch zu taxieren, ist eine gute Recherche unabdingbar. Man sollte sich also unbedingt Zeit dafür nehmen. Erfahrene Personaler merken schnell, ob der Bewerber sich und die eigene Qualifikation realistisch einschätzen kann. Und eine unrealistische Gehaltsvorstellung stellt immer ein Ausschlusskriterium dar.
Grundsätzlich gilt: Ein wenig pokern ist erlaubt. Statistisch gesehen führen höhere Forderungen nämlich tatsächlich zu höheren Gehältern. Nur verzocken sollte man sich eben nicht. Daher sollte man immer auch Verhandlungsbereitschaft signalisieren. Dann klappt es auch mit dem Job 🙂
Hast du dich denn bei deinen Gehaltswünschen schon einmal so richtig verzockt? Oder neigst du eher dazu, dein Licht (zu sehr) unter den Scheffel zu stellen? Was glaubst du, kannst du deinen Marktwert realistisch taxieren? Wir freuen uns über deine Erfahrungen und Kommentare!
- FOCUS ONLINE: Bewerbung: Gehaltsvorstellung richtig formulieren https://praxistipps.focus.de/bewerbung-gehaltsvorstellung-richtig-formulieren_106147 (abgerufen am 2. Juli 2020)
- stern.de: Welches Gehalt kann ich bei der Bewerbung fordern, ohne dreist zu wirken? https://www.stern.de/wirtschaft/job/gehalt-bei-neuem-job–was-kann-ich-fordern—ohne-dreist-zu-wirken–8140276.html (abgerufen am 2. Juli 2020)
- Merkur.de: Gehaltswunsch bei der Bewerbung: Wie formuliere ich ihn richtig? https://www.merkur.de/leben/karriere/gehaltswunsch-bewerbung-formuliere-richtig-zr-9954803.html (abgerufen am 2. Juli 2020)
- StepStone: Gehaltsvorstellung Bewerbung – richtig formulieren und platzieren https://www.stepstone.at/Karriere-Bewerbungstipps/gehaltsvorstellung-bewerbung/ (abgerufen am 2. Juli 2020)
Unsere Autorin Patricia Schlösser-Christ studierte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und arbeitete anschließend an der Volkshochschule Worms. Als Kulturanthropologin M.A. widmet sie sich seither dem Schwerpunkt Erwachsenenbildung / Weiterbildung und hat dabei auch die Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt stets im Blick.